Schweizer Neonazis liefern Geld nach Athen

SonntagsZeitung: Rechtsextremisten unterstützen die militante Partei Goldene Morgenröte – Treffen mit griechischen Parteikadern

Luzern/Athen Dem pakistanischen Gemüseverkäufer Shezad Luqman (27) wurde seine Hautfarbe zum Verhängnis. Er war am 18. Januar 2013 in Athen auf dem Weg zur Arbeit, als sich ihm zwei schwarz vermummte Motorradfahrer in den Weg stellten. Mit einem Klappmesser stachen sie dem jungen Flüchtling siebenmal in den Rücken – er verblutete noch auf der Strasse.

Am vergangenen Mittwoch hat ein Gericht die zwei Angreifer zu lebenslanger Haft verurteilt. Beide sind Anhänger der Neonazi-Partei Goldene Morgenröte, die bei den letzten Parlamentswahlen in Griechenland knapp sieben Prozent der Stimmen gewann.

Attacken gegen Ausländer, Anführer sitzt hinter Gittern

Nach zahlreichen Attacken auf Ausländer und Linke steht die Organisation mit dem Rücken zur Wand. Ihr Anführer sitzt hinter Gittern, Antiterror-Dienste ermitteln gegen mehrere Abgeordnete. Die Partei hält sich mit Spenden über Wasser. Geldern, die auch aus der Schweiz kommen.

Recherchen zeigen: Mitglieder der Goldenen Morgenröte pflegen intensive Kontakte zu rechts­extremen Kreisen aus dem Grossraum Luzern. Am 18. Januar 2014 organisierten Aktivisten der Kameradschaft Morgenstern ein ­Solidaritätskonzert in der Innerschweiz. Ein Foto dokumentiert den Anlass: Konzertbesucher posieren mit einer Flagge der Goldenen Morgenröte. Auf den Hemden der Neonazis prangt das Parteilogo, das an ein Hakenkreuz erinnert. Die Solidaritäts-T-Shirts wurden während des Abends verkauft. Den Erlös des Anlasses, mehrere Tausend Franken, übergaben die Veranstalter persönlich an Parteikader in Griechenland. Dazu reisten sie laut zuverlässigen Quellen Anfang Februar nach Athen.

Wie eng die länderübergreifende Beziehung ist, zeigt auch eine Aktion auf der Ferieninsel Rhodos. Ende März verteilten dort Mitglieder der Goldenen Morgenröte Erste-Hilfe-Sets an die von der Krise geplagte Bevölkerung. Auf den Paketen prangten Schweizer Kreuze. Grund: Das Material war Teil einer Lieferung von Aktivisten aus der Innerschweiz. Der SonntagsZeitung liegt ein Foto der Fracht vor, das unter anderem verpackte Mundschutze und sterile Gummihandschuhe zeigt.

Der rege Austausch von Schweizer Nationalisten mit ihren griechischen Gesinnungsgenossen fand am 22. März seine Fortsetzung. An diesem Tag reisten Vertreter der Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) in das Thüringer Dorf Kirchheim, wo sie sich mit radikalen Rechten aus mehreren europäischen Ländern trafen. Mit dabei: eine Gruppe der besonders militanten Jugendorganisation der Goldenen Morgenröte.

Schweizer Geheimdienst ist offenbar eingeschaltet

Auf einer Webseite der griechischen Partei feiern deren Anhänger die Unterstützung aus der Schweiz. «Solidarität kennt keine Grenzen», schreibt ein User mit dem Pseudonym White Power. Ein Sprecher der Partei lässt gegenüber der SonntagsZeitung verlauten: «Wir sind sehr dankbar für die tatkräftige Hilfe aus der Schweiz» Und: Vor allem die Sektion Rhodos habe enorm vom «Engagement der Kameraden» profitiert.

Die Schweizer Sicherheits­behörden schweigen zu den Kontakten der Fremdenfeinde. Offenbar kümmert sich jetzt der Geheimdienst um die Sache. Die für das Solidaritäts-Konzert zuständige Luzerner Polizei verweist an den Nachrichtendienst des Bundes (NDB). Dieser wollte zu den Recherchen keine Stellung nehmen.

In Griechenland droht der Partei ein Verbot. Nachdem im vergangenen September ein linker Musiker von einem Mitglied der Morgenröte erstochen worden ist, wollen die Behörden die Partei zu einer kriminellen Vereinigung erklären. Die Extremisten haben bereits vorgesorgt und eine neue Organisation gegründet – die «nationale Morgenröte».

Die Schweizer Aktivisten kümmert das wenig. Sie wollen die Zusammenarbeit laut eigenen Aussagen intensivieren. Auf einer einschlägigen Internetsite kündigen sie an: «Die Hilfe wird in Absprache mit der Goldenen Morgenröte weiter ausgebaut.»

Videobefragung von Schweizer NSU-Zeugen gescheitert

Am Oberlandgericht München läuft der Prozess gegen die Mitglieder des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU). Die Richter kündigten an, zwei Zeugen aus der Schweiz zur Mordwaffe per Videoübertragung zu vernehmen. Dieses Vorhaben ist jetzt aber an rechtlichen Hürden gescheitert. Darum sollen die beiden Schweizer nun von der Staats­anwaltschaft Berner Oberland befragt werden. Die deutschen Behörden haben dafür bereits ein Rechtshilfegesuch gestellt. Christof Scheurer, Sprecher der Berner Staatsanwaltschaft, bestätigt: «Mangels staats­vertraglicher Regelung mit Deutschland ist eine Zeugeneinvernahme ­mittels Videokonferenz nicht möglich.»