Minarette in den Dreck wischen ist keine Rassendiskriminierung

 

Der Bund vom 09.11.2012

Zum dritten Mal musste Pnos-Chef Dominic Lüthard wegen des Verdachts auf Rassendiskriminierung vor den Richter – und wieder wurde er freigesprochen.

 

Dominic Lüthard, der Präsident der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos), hat sich nicht strafbar gemacht, als er fünf Pappminarette von einer Schweizer Fahne gewischt hat. Zu diesem Schluss ist gestern der Burgdorfer Einzelrichter Adrian Jaisli gekommen.

Die Aktion trug sich am neunten Oktober 2010 zu. Etwa 150 Anhänger der Pnos waren nach Langenthal gekommen, um gegen die Pläne der dortigen Muslime zu demonstrieren, die ein kleines Minarett auf ihre Moschee stellen wollten. Eine Treichlergruppe machte Lärm, einige Demonstranten spielten bedrohliche Muslime, indem sie sich Burkas überstreiften. Und für den Abschluss des Anlasses hatte sich der Veranstalter und Parteipräsident Dominic Lüthard etwas Besonderes ausgedacht. Er legte eine Schweizer Fahne aus Karton auf den schmutzigen Boden, stellte fünf Minarette aus Papier darauf, griff zum Besen und wischte die Papptürmchen unter Applaus in den Dreck.

Hommage an faschistisches Motiv?

Die Staatsanwaltschaft eröffnete schliesslich – wenn auch erst auf Geheiss des Obergerichts – ein Verfahren wegen Rassendiskriminierung. Lüthard habe ein religiöses Symbol «mit Schmutz gleichgesetzt», schrieb sie. Und: Er habe mit seiner Aktion das Wahlplakat der faschistischen Nationalen Front von 1933 symbolisch nachgebildet. Auf diesem Plakat mit dem Titel «Wir säubern» werden fünf schwarze Gestalten mit einem Besen von einer Schweizer Fahne gewischt. Die Pnos hat sich bereits einmal dieses Erbes bedient: Im Nationalratswahlkampf 2003 warb sie im Aargau mit einem fast identischen Plakat – und demselben Slogan. Vier Vorstandsmitglieder wurden damals wegen Rassendiskriminierung zu Bussen verurteilt.

Von all dem will Dominic Lüthard nichts gewusst haben. Er habe am Morgen des Kundgebungstages «spontan die Idee gehabt», diese Aktion durchzuführen, sagte er gestern vor dem Richter. Dann habe er aber «pressiert mit Minarettebasteln», entgegnete dieser. «Die kann man ausdrucken, das geht schnell», so Lüthard. Mit dem Plakat der Nationalen Front habe seine Aktion nichts zu tun gehabt, er habe nicht einmal gewusst, dass seine Partei wegen dessen Nutzung verurteilt worden sei. Er selbst sei erst seit 2006 politisch aktiv. Ihm sei es «nur um die Bauten» gegangen.

Daniel Kettiger, der die Islamische Glaubensgemeinschaft Xhamia e Langenthalit (IGGL) vertrat, glaubte das nicht. Das Minarett sei durch die Abstimmung zum Symbol für den Islam geworden, und Lüthard habe somit «den Islam in den Dreck gewischt», argumentierte er. Er habe die Muslime in Langenthal damit «tief verletzt».

Minarette, nicht Muslime

Der Richter urteilte anders. Die Botschaft von Lüthards Aktion habe gelautet «keine Minarette in der Schweiz» und nicht «keine Muslime in der Schweiz». Dass sich an der Veranstaltung auch Personen mit Burkas verhüllt hätten, ändere an dieser Einschätzung nichts, befand Jaisli. Lüthard habe sich auch nicht einer Nachbildung des faschistischen Plakats schuldig gemacht. Auf Aussenstehende, auf «Otto Normalverbraucher», sagte der Richter, habe die Aktion sicher nicht wie eine Hommage an das Plakat gewirkt. Adrian Jaisli sprach Lüthard schliesslich auch vom Vorwurf der üblen Nachrede frei – ebenso wie Willi Frommenwiler, den Präsidenten der Autopartei des Kantons Bern, der den Anlass mit Lüthard organisiert hatte.

Privatkläger Daniel Kettiger kritisierte nach dem Urteil, der Richter habe die Faktenlage «so umgebogen, dass es einen Freispruch gibt». Kettiger hat nun zehn Tage Zeit, sich mit seinen Mandanten zu besprechen, ob sie Berufung einlegen. Klar ist, dass sie in Langenthal kein Minarett bauen werden. Im April hat das Verwaltungsgericht entschieden, dieses dürfe nicht gebaut werden, weil es den Bauvorschriften widerspreche. Die Muslime akzeptierten das Urteil.

Dritter Freispruch in sechs Jahren

Der gestrige Freispruch ist der dritte für Lüthard innert sechs Jahren. 2006 nahm das Burgdorfer Gericht zwei Alben seiner «Rechtsrockband» Indiziert unter die Lupe. Der Richter kam zum Schluss, einige Passagen seien «respektlos und beleidigend», nicht aber strafrechtlich relevant – das Verfahren wurde eingestellt. 2008 bezeichnete Lüthard die neu gewählte Miss Schweiz Whitney Toyloy und die Zweitplatzierte Rekha Datta aufgrund ihrer nicht weissen Hautfarbe als «das Geschwür, welches die freie, unabhängige Eidgenossenschaft bereits am Auffressen ist». Die Richter urteilten: «geschmacklos», aber nicht strafbar.