Breite Opposition gegen Jürg Scherrer

BernerZeitung

Biels Polizeidirektor Jürg Scherrer steht immer isolierter da: Die wichtigsten Parteien sowie der Gewerkschaftsbund lancierten ein gemeinsames Manifest – gegen Scherrer und für ein tolerantes Biel.

Fredy Frei

Die Politikerinnen und Politiker wollen die Stadt Biel am Vorabend der Expo.02 wieder in ein positiveres Licht rücken. Gestern unterschrieben fast alle Bieler Parteien ein «Manifest für ein weltoffenes und tolerantes Biel». Dieses richtet sich gegen Polizeidirektor Jürg Scherrer, der vor zwei Wochen in einem Radiointerview die Gaskammern der Nazis als «Detail der Geschichte» bezeichnet hatte. Der Gewerkschaftsbund und die Parteien präsentierten das Manifest gestern in der «salle rouge» im Terminal B am Walserplatz. Dabei war der Ort nicht etwa wegen einer politischen Couleur gewählt worden, im Gegenteil: Neben der SP waren auch Vertreter der äusseren Linken, aber auch von FDP und SVP zugegen. Vielmehr symbolisiere der für die Expo.02 erstellte Raum «Weltoffenheit und eine positive Zukunft für die Schweiz».

«Verletzende Äusserungen»

Genau dieses Image soll durch den Polizeidirektor nicht zerstört werden, fordern die Unterzeichnenden – und fanden in historischer Einigkeit parteiübergreifend zusammen. «Der Holocaust ist der schrecklichste Völkermord der Geschichte und nicht », steht im Manifest. Wer dies verkenne, gehöre nicht in die Stadtregierung. Und weiter: «Scherrers Erklärungen waren einmal mehr äusserst zweideutig, verletzend und beschämend.» Sein Verhalten und seine Doppelrolle als Gemeinderat sowie als Präsident der Freiheitspartei seien «unakzeptabel».

«Moralisch distanzieren»

Das Manifest ist aber auch ein Stück weit Ausdruck von Hilflosigkeit: «Wir Politiker können einen Rücktritt Scherrers nicht einfach erzwingen – das städtische Reglement setzt uns Grenzen», sagte Peter Moser (FDP). Mit diesem Manifest könne man sich wenigstens moralisch von Scherrer distanzieren.Auf diese Haltung einigten sich die beteiligten Parteien, nachdem die Linken zunächst am Rücktritt als Gemeinderat festhalten wollten. Dennoch betonte etwa Heinz Ledergerber vom Grünen Bündnis, dass sie nach wie vor für eine Demission Scherrers als Polizeidirektor seien. Das Grüne Bündnis – ebenso wie der Gewerkschaftsbund – äusserten sich zudem «erstaunt» über das letzte Woche veröffentlichte Communiqué des Gemeinderates, der «etwas mehr Zivilcourage» hätte zeigen können.

«Bodenlos dumm»

Alain Nicati von der welschen FDP erinnerte daran, dass Scherrer «nicht zum ersten Mal solche Debatten provoziert» habe. Am pointiertesten äusserte sich Andreas Sutter von der SVP. «In unserer Partei gehen die Meinungen bei der Integrationspolitik ja auch auseinander», meinte er zunächst und fügte hinzu: «Aber Scherrers Äusserungen weisen wir aufs Schärfste zurück.» Wie dieser sich nach seiner unglücklichen Aussage bis heute aber verhalten habe, sei eine «bodenlose Dummheit». Nur: Jürg Scherrer wisse, wie weit er gehen könne – juristisch bleibe er kaum belangbar. Und Jürg Scherrer habe damit gezeigt, «dass sein Französisch für ein Mitglied der Bieler Exekutive ungenügend ist.»