Rassistische Äusserungen des SVP-Dornach-Chefs

Newsnet: Im Internet fällt Tobias Steiger mit ausländerfeindlichen Voten und Sympathiebekundungen zu rechtsradikalen Gruppierungen auf – der Fraktionspräsident Christian Imark fordert seinen Rücktritt.

Mitten in der Sommerpause wird die Solothurner SVP von einem parteiinternen Skandal erschüttert: Tobias Steiger, erst seit einigen Monaten SVP-Mitglied und Präsident der Dornacher Sektion, zieht die Partei mit öffentlichen Aussagen in die Abgründe des braunen Sumpfs. Der 40-jährige Politnewcomer erlangte letzte Woche Bekanntheit, als er als Unterstützer der Pegida-Schweiz-Bewegung ein Gesuch für eine Demo in Arlesheim einreichte. Wie 20 Minuten berichtete, will Steiger am 25. Oktober auf dem Domplatz gemeinsam mit Pegida gegen das dortige Asylzentrum protestieren.

In diesem Zeitungsbericht ging es um Neonazis, die an der Kundgebung teilnehmen könnten. In diesem Zusammenhang liess sich der Inhaber einer Sicherheitsfirma zu folgenden Sätzen hinreissen: «Warum sollen wir uns von Rechtsradikalen abspalten, wo wir gemeinsame Interessen haben? Da kann man zusammenspannen, auch wenn man nicht mit allem bei ihnen einverstanden ist.»

Steht Steiger der rechten Szene nahe, oder ist er gar selber ein Rechts­extremer? Gegenüber der BaZ bestreitet er es. «Mein Statement wurde aus dem Zusammenhang gerissen. Pegida distanziert sich klar von allen radikalen Bewegungen. Ich wollte jedoch darauf hinweisen, dass wir einige Rechtsradikale, die sich unters Publikum mischen und nicht weiter auffallen, nicht wegweisen werden, weil sie für dasselbe Anliegen einstehen. Einen Schulterschluss mit Rechtsradikalen gibt es aber sicherlich nicht.»

Kommentar zu totem Eritreer

Recherchen der BaZ lassen an Steigers Richtigstellung Zweifel aufkommen. Auf Facebook finden sich von ihm Einträge, die unmissverständlich ausländerfeindlich sind. Als Anfang Juli in Basel ein Asylsuchender aus Eritrea im Rhein ertrank, schrieb der SVP-Vertreter auf der Facebook-Seite der Basler Kantonspolizei, wo die Meldung veröffentlicht wurde, folgenden Kommentar: «Sollen sie mit Gott gehen, Hauptsache sie gehen zurück.»

Steiger ist es unangenehm, dass die BaZ diesen Eintrag thematisiert. «Können Sie das nicht weglassen?», bittet er den Redaktor. Er bestreitet, dass die Aussage rechtsradikalen Charakter hat. «Ich habe meinen Frust zum Ausdruck gebracht gegenüber einer Bundesrätin Sommaruga, die Volksentscheide wie die Masseneinwanderungs-Initative nicht umsetzt und ignoriert. Die Aussage war bewusst ketzerisch.»

«Ersatzvolk»

An anderer Stelle schrieb Steiger über die Flüchtlinge in der Schweiz in Mundart: «… und die könne unseri Strosse breiter hälfe z baue.» Was meint der Dornacher damit? Auf Nachfrage hält er fest, dass es in der Schweiz immer mehr Verkehrsstau gebe und Asylanten als Hilfsarbeiter mit einem Stundenlohn von 20 Franken für Baufirmen tätig sein könnten. «Denn Asylanten, die zu viel Zeit haben, dealen nicht nur mit Drogen, sie lungern herum, belästigen oder vergewaltigen Frauen, stehlen, brechen ein etc.» Steiger beschwerte sich auch schon darüber, dass Schweizer finanziell benachteiligt würden: «Man schiebt die Kohle lieber in die Ausbildung und Integration des Ersatzvolkes.»

In der Solothurner SVP gibt es kein Verständnis für Steigers Gesinnung. Fraktionschef und Nationalratskan­didat Christian Imark hält fest: «Das ist braunes Gedankengut, welches in der SVP nichts verloren hat. Wir sind eine demokratische Partei und lehnen rechtsradikale Ansichten ab.» Als Steiger letzte Woche ohne Absprache mit der SVP die Pegida-Demo in der Presse ankündigte, stellte Imark eigene Recherchen über das bis dato unauffällige Parteimitglied an. Und war schockiert. So las er zum Beispiel auf dem öffentlich zugänglichen Facebook-Profil Steigers, wie dieser über die «Salafisten-­Schweine» herzieht. «Über solche Kraftausdrücke bin ich erschrocken. Da wird Hass geschürt. Das ist einer SVP unwürdig», erklärt Imark.

Bezogen auf die Äusserung über den ertrunkenen Asylsuchenden urteilt auch der Solothurner SVP-Präsident Silvio Jeker: «Unklug und pietätlos».

Nähe zur «Identitären Bewegung»

Problematisch ist zudem Steigers Nähe zur «Identitären Bewegung» (IB). Auf Facebook bekundet er seine Sympathie zu der Gruppierung, die den Besucher auf ihrer deutschen Website mit den Worten begrüsst: «Du hast am eigenen Leib erlebt, was dieser Multikulti-Wahn wirklich für uns Deutsche bedeutet.» 2012 führte der Schweizer Ableger einen Fackelumzug im zürcherischen Hombrechtikon durch. Im 20 Minuten bezeichnete der Basler Rechtsextremismus-Experte Samuel Althof die IB als «rechtsnationale, völkische Bewegung». Steiger sagt, dass er die Organisation interessant finde und «sie politisch in eine Richtung geht, die mir liegt». In seiner Wahrnehmung sei die IB weder rechtsradikal noch antisemitisch.

Der SVP ist der Fall Steiger höchst unangenehm. Reagiert die Parteileitung nicht unverzüglich, könnte der Eindruck entstehen, dass braune Schafe in ihrem Kreis toleriert werden. Domenik Schuppli, SVP-Präsident Amtei Dorneck-Thierstein, griff am Samstag zum Hörer. «Ich habe Steiger klargemacht, dass die SVP nichts mit rechtsradikalen Tendenzen zu tun haben will und wir uns klar distanzieren», sagt er. Von den Facebook-Einträgen habe er nichts gewusst. «Davon hat er mir nichts erzählt.» Intern gebe es einiges zu bereden. Kantonalpartei-Präsident Jeker will die Angelegenheit an der nächsten Parteileitungssitzung vom 19. August zur Sprache bringen. «Vorgängig werde ich sicher mit Tobias Steiger das Gespräch suchen.» Er wolle aber auch keine Vorverurteilung vornehmen.

Für Fraktionschef Imark ist die Frist bis zum 19. August zu lange. Es müsse jetzt schnell gehandelt werden. «Für mich ist klar: Steiger muss zurücktreten.» Doch dafür braucht es die Zustimmung der Ortssektion, deren Mitglieder aber mehrheitlich ferienabwesend sind. «Am besten wäre es deshalb, wenn Tobias Steiger von sich aus zurücktreten würde. Damit würde er der SVP einen grossen Gefallen tun.» Dem steht nichts mehr im Weg. Steiger sagte gestern zur BaZ: «Ich bin gerne bereit zurückzutreten, um weiteren Pressewirbel bezüglich SVP zu verhindern.»