Kleinpartei gegen «Islamisierung»

St. Galler Tagblatt: Die Direktdemokratische Partei Schweiz (DPS) will im Kanton St. Gallen mit einer eigenen Liste zu den Nationalratswahlen 2015 antreten. Politgeograph Michael Hermann glaubt nicht, dass die DPS viele Stimmen holen wird.

ST. GALLEN. Lange blieb es ruhig um sie, nun meldet sich die Direktdemokratische Partei Schweiz (DPS) zurück. Sie werde im Kanton St. Gallen mit einer eigenen Liste zu den Nationalratswahlen 2015 antreten, gab die DPS bekannt. Die Partei geht auf der rechten Seite des politischen Spektrums auf Stimmenfang. Ihr Gründer, der Uzwiler Ignaz Bearth, ist nach internen Auseinandersetzungen und seinem zwischenzeitlichen Rücktritt wieder Präsident der Partei. Bearth ist Mitglied der Auns, früher soll er sich in rechtsextremen Kreisen bewegt haben. Jedoch hielt er vor einem Jahr gegenüber unserer Zeitung fest: «In der DPS hat Extremismus keinen Platz, weder linker, rechter noch religiöser.» Zudem: «Wir distanzieren uns klar von Rassismus.»

FPÖ als Vorbild

Die Partei sucht aktiv Kontakte mit «weiteren patriotischen Kräften» in Europa, wie es im Parteiprogramm heisst: «Um den Geist, die kulturelle Identität unserer grossartigen Kulturen in Europa zu wahren. Gegen die Islamisierung Europas und das Diktat aus Brüssel.» Ein Vorbild der DPS ist die österreichische FPÖ, auch zum französischen Front National unterhält sie Verbindungen.

Auf seiner offiziellen Facebookseite – sie hat über 28 000 Likes – zeigt sich Bearth zudem solidarisch mit weiteren Bewegungen im Ausland, etwa mit der deutschen Pegida (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes), deren Demonstrationen immer mehr Zulauf erhalten: Am Montagabend in Dresden mobilisierte sie 10 000 Personen. An einer Gegendemonstration nahmen laut Polizei 9000 Personen teil.

Wachstumsziel nicht erreicht

Die DPS, gegründet 2012, zählte im September 2013 schweizweit «rund hundert Mitglieder», wie Bearth sagte. Schon damals fasste er die Wahlen 2015 ins Auge. Bis Sommer 2014 strebe die Partei 300 bis 400 Mitglieder an. Dieses Ziel hat sie nicht erreicht. Heute gibt der Präsident die Mitgliederzahl mit «über hundert» an. Die DPS hat laut ihrer Webseite weitere Sektionen in den Kantonen Thurgau, Aargau, Bern und Graubünden sowie eine Sektion «Romandie». Vorerst will sie nur im Kanton St. Gallen in den Wahlkampf steigen. Als neu kandidierende Partei muss sie 200 gültige Unterschriften vorlegen können, die Unterschriftensammlung hat dieser Tage begonnen. Kandidaturen in anderen Kantonen sind aber nicht ausgeschlossen. «Je nach Verlauf der Unterschriftensammlung folgen weitere Kantone», teilt Bearth auf Anfrage mit.

Nebst den Themen Europa und Islam deckt die DPS unter anderem sozial- und umweltpolitische Aspekte ab. Sie ist für eine Stärkung des klassischen Familienmodells – eine eigene Rechtsform für homosexuelle Beziehungen lehnt sie ab –, für erneuerbare Energien und den langfristigen Atomausstieg sowie den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Ihre inhaltlichen Differenzen zur SVP hat die DPS im Vorfeld der jüngsten Abstimmung demonstriert: Anders als die SVP Schweiz befürwortete sie die Ecopop- und die Gold-Initiative.

«DPS hat kaum Chancen»

Politgeograph Michael Hermann ortet ein Potenzial für neue politische Kräfte auf der rechten Seite. «Die SVP nützt gewisse Positionen nicht aus, etwa aufgrund ihrer wirtschaftsliberalen Haltung.» Eine solche Nische zu besetzen, sei aber noch keine Garantie für Erfolg, wie das Beispiel der Schweizer Demokraten (SD) zeige: «Diese stehen rechts der SVP, vertreten eine wirtschaftskritische Position – und kommen seit Jahren nicht vom Fleck.»

Auch die DPS habe an den Wahlen 2015 kaum Chancen, so Hermann. Die Partei habe sich in den zweieinhalb Jahren seit ihrer Gründung zu wenig entwickelt, um sich Hoffnungen auf einen Wahlerfolg machen zu können. «Jetzt ist es zu spät, um daran noch etwas zu ändern.» Die internen Auseinandersetzungen und Führungswechsel seien dem Ruf der Partei nicht förderlich gewesen. Zudem sei es schwierig, als Politiker das Image des «Rechtsextremen» wieder loszuwerden, wenn man es einmal habe – selbst wenn man sich ausdrücklich von solchen Positionen distanziere.

Hermann nimmt nicht an, dass die Partei bisherige SVP-Wähler auf ihre Seite ziehen kann: «Die DPS wird ihre Stimmen eher von Leuten bekommen, die ohnehin nicht SVP wählen.»

Andere Situation in Frankreich

Der Vormarsch des Front National in Frankreich beispielsweise habe unter ganz anderen Umständen stattgefunden, sagt Hermann: «Es gab dort früher gar keine grosse Rechtspartei.» In der Schweiz hingegen besetze die SVP einen grossen Teil des rechten Spektrums. Zudem zeichneten sich die erfolgreichen Rechtsparteien in Europa durch charismatische Führungspersonen wie Marine Le Pen oder Geert Wilders aus. Eine solche Identifikationsfigur fehle der DPS.