Keine Rassendiskriminierung, sondern «Satire» – Bezirksgericht spricht Claudio Schmid frei

Watson.

SVP-Kantonsrat Claudio Schmid musste sich heute Donnerstag vor dem Bezirksgericht Bülach verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm wegen einer Äusserung auf Twitter Rassendiskriminierung vor. Nun hat das Gericht Schmid vom Vorwurf der Rassendiskriminierung freigesprochen. Die Verhandlungen dauerten lediglich zwei Stunden.

Schmid kommentierte am frühen Morgen des 20. Februar 2020 auf Twitter das Attentat von Hanau in der Nähe von Frankfurt am Main. Am 19. Februar 2020 hatte dort ein 43-jähriger Mann bei einem Terrorakt neun Menschen mit Migrationshintergrund getötet. Anschliessend tötete er seine Mutter und sich selbst.

«In Hanau am ‹Bosporus› zu Frankfurt»

Die Details und Hintergründe der Tat waren noch nicht bekannt, als Schmid dazu schrieb: «In Hanau am »Bosporus« zu Frankfurt kam es offenbar zur grossen Bereicherung. Hat natürlich nichts mit der unkontrollierten Masseneinwanderung zu tun und auch nicht mit importierter Gewalt- und Bandenkriminalität.»

Die zwei Sätze, die er laut eigener Aussage nach rund einer halben Stunde wieder gelöscht hatte, haben ihm ein Strafverfahren wegen Rassendiskriminierung eingebracht.

Schmid wies den Vorwurf an der Verhandlung zurück. «Ich habe damit ein Ereignis kommentiert, es war keinesfalls als rassistische Wertung gedacht», sagt er. Zudem habe er nicht über die Herkunft der Opfer, sondern über diejenige der Täter gemutmasst.

«Bereicherung» satirisch gemeint

Indem er die Tat als «Bereicherung» bezeichnet habe, habe er sämtlichen Menschen mit Migrationshintergrund die Existenzberechtigung abgesprochen, heisst es in der Anklageschrift. Mit «Bosporus» habe er zudem Bezug auf Personen aus der Türkei genommen.

Insgesamt soll er mit seiner Äusserung andere Personen in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Art und Weise herabgewürdigt haben. Dafür fordert die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu 110 Franken, sowie eine Busse von 2500 Franken. Die Geldstrafe soll nur bedingt vollzogen werden bei einer Probezeit von vier Jahren. Hinzu kommen Kosten in der Höhe von 1500 Franken.

Schmid und sein Verteidiger, der bekannte Thurgauer SVP-Politiker und Anwalt Hermann Lei, kritisierten insbesondere, dass die Staatsanwaltschaft den Begriff «Bereicherung» so interpretiere, als hätte sich Schmid darüber gefreut, dass Menschen umgebracht worden seien.

«Das ist natürlich Unsinn», sagte Lei. Es sei hinreichend bekannt, dass der Begriff «Bereicherung» oft satirisch verwendet wurde, wenn es um negative Folgen von Migration gehe. Lei forderte einen Freispruch für Schmid.

Auch Schmid sagte, er habe zuerst vermutet, dass Ausländer hinter der Tat stecken könnten, etwa Bandenkriminelle oder terroristische Täter. Tatsächlich kursierten unmittelbar nach der Tat Vermutungen über einen solchen Hintergrund. Dass ein 43-jähriger Deutscher der Täter war, stand erst später fest. Das Bundeskriminalamt kam zum Schluss, dass die Tat rechtsextremistisch motiviert war.

Urteil noch nicht rechtskräftig

Schmid, der seit 19 Jahren für die SVP im Zürcher Kantonsrat sitzt, gilt als eifriger Nutzer des Kurznachrichtendienstes Twitter. Er kommentiert vorwiegend politische Themen und eckt mit pointierten Äusserungen an. Zwischenzeitlich wurde er von der Plattform verbannt.

Das Urteil des Bezirksgerichts Bülach ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft könnte es ans Zürcher Obergericht weiterziehen.