Kanton verwarnt Mitarbeiter

NeueLuzernerZeitung

Ein Mitarbeiter des Nidwaldner Amtes für Landwirtschaft nahm an einem Umzug von Rechtsextremen teil. Der zuständige Amtsleiter verwarnt den 26-Jährigen.

Von Adrian Venetz

Mehr als 200 Rechtsextreme hatten an der Schlachtfeier in Sempach Ende Juni teilgenommen. Was sie nicht wussten: Eine linksautonome Gruppierung war mit Kameras unterwegs, schoss Bilder von den einzelnen Teilnehmern und stellte 241 Porträtbilder von mutmasslichen Rechtsextremen nummeriert ins Internet. Dies mit der Absicht, die Teilnehmer des Umzugs öffentlich anzuprangern. Wie in einer Art Gästebuch können Besucher der Webseite die Namen der Rechtsextremen eintragen, wenn sie jemanden erkennen.

Nur «Zufall und Naivität»

Auf einem der Porträtbilder ist auch A. A. (Name der Redaktion bekannt) zu sehen, der seit eineinhalb Jahren beim Nidwaldner Amt für Landwirtschaft als landwirtschaftlicher Berater arbeitet. Amtsleiter Josef Muri war «natürlich sehr betroffen», als er von all dem erfahren hat. Der Kanton sei durch den Anruf eines Schweizer Privatradios und durch einige Mails auf die Internetseite aufmerksam gemacht worden.

Auf dieser Webseite steht explizit, dass die betroffene Person beim Nidwaldner Landwirtschaftsamt arbeitet ­ und das ist alles andere als gute Werbung für den Kanton Nidwalden. Man habe daraufhin umgehend reagiert, so Muri. «Wir haben intensive Gespräche mit unserem Mitarbeiter geführt. Dieser habe dabei versichert, dass er eher aus «Zufall und Naivität» in den Aufmarsch der Rechtsextremen in Sempach geraten sei. Solange nicht das Gegenteil bewiesen sei, gelte die Unschuldsvermutung, so Josef Muri.

Kündigung in Erwägung ziehen

Der 26-jährige Mitarbeiter ist laut Muri trotzdem mündlich und schriftlich verwarnt worden. «Er streitet seine politisch rechts stehende Gesinnung nicht ab. Ich kann und will ihm nicht vorschreiben, was er zu denken hat. Die politische Gesinnung hat nichts zu tun mit der Anstellung.» Und weiter sagt Muri über den Mitarbeiter: «Wenn er sich mit einer staats- oder bürgerfeindlichen Gesinnung, mit rassistischem oder nationalsozialistischem Gedankengut öffentlich exponierte, würde dies dem Ansehen des Kantons schaden. Und für solche Leute hätte es keinen Platz in der kantonalen Verwaltung.» Falls sich ein solcher Vorfall wiederhole, müsse man eine Kündigung in Erwägung ziehen. Muri glaube aber nicht, dass es so weit komme. «Der Mitarbeiter hat nach einigen Gesprächen mit mir mein volles Vertrauen.»

Internes Verfahren wäre möglich

Die rechtlichen Mittel, gegen einen Mitarbeiter vorzugehen, hat der Kanton in der Hand. Gemäss dem Nidwaldner Personalgesetz kann die zuständige Instanz gegenüber Mitarbeitern ein internes Verfahren durchführen, wenn der Verdacht besteht, dass sie ihre Pflicht verletzt haben. Allfällige Pflichtverletzungen «müssen geeignet sein, die ordnungsgemässe Erfüllung der beruflichen Obliegenheiten, das Ansehen oder die Vertrauenswürdigkeit des Amtes oder der kantonalen Verwaltung zu beeinträchtigen», heisst es darin.

Zur Veröffentlichung der 241 Bilder hat auch der Datenschutzbeauftragte des Bundes Stellung genommen. Grundsätzlich müsse man an öffentlichen Anlässen damit rechnen, fotografiert zu werden. So gezielt, wie das in Sempach gemacht wurde, sei es jedoch kaum gerechtfertigt. Letztlich handle es sich aber um eine rechtliche Grauzone. Dennoch hat der Datenschützer einen Brief an die Gruppierung geschickt mit der Aufforderung, die Porträts unverzüglich von der Website zu entfernen. «Eine Antwort haben wir bisher aber nicht erhalten», sagt Eliane Schmid von der eidgenössischen Datenschutzstelle. Die Bilder sind weiterhin auf dem Internet einsehbar.

Stellungnahme

Mitarbeiter: «Ich bin kein Neonazi»

Der betroffene Mitarbeiter hat sich im Gespräch mit unserer Zeitung sowie in einer schriftlichen Stellungnahme an den Kanton geäussert.

Er habe in Sempach etwas getan, was sich «im Nachhinein als grosse Dummheit herausstellte». Zu diesem Zeitpunkt habe er «nicht gedacht, dass etwas Schlimmes daran sein könnte». Er werde zu Unrecht als Neonazi bezeichnet. Und weiter: «Diese Beschuldigung weise ich als haltlose Diffamierung klar zurück. Ich bin weder ein Neonazi noch ein Rechtsextremer und identifiziere mich auch nicht mit solchem Gedankengut.» Er sei sich bewusst, dass «eine Arbeit für den Staat mit einer „staatsfeindlichen Betätigung“» nicht vereinbar wäre. Er sei nicht Täter, sondern Opfer einer Diffamierungskampagne.

Er werde aber dafür sorgen, «dass so was nicht mehr vorkommt».