In der Kritik: «Wir sind keine Rechtsextremisten» – Junge Tat äussert sich per Video

20 Minuten. Die Junge Tat bezieht in einem selbst veröffentlichten Video zu  Nationalsozialismus-Vorwürfen Stellung. Extremismus-Experte Dirk Baier ordnet ein.

Darum gehts

  • In einem selbst veröffentlichten Video äussern sich zwei Mitglieder der Jungen Tat zu Vorwürfen des Extremismus. 
  • Sie distanzieren sich dabei von Rechtsextremismus und Gewaltvorwürfen. 
  • Extremismus-Experte Dirk Baier ordnet ein.

In den sozialen Medien kursiert seit Kurzem ein Video der Jungen Tat, in dem sich zwei Mitglieder der Gruppierung zu Vorwürfen des Extremismus vonseiten der Öffentlichkeit äussern. Sie seien missverstanden, würden «skandalisiert» und fälschlicherweise in eine rechtsextreme Ecke gedrängt. Dirk Baier, Experte für Extremismus, hat das Video gesehen und beurteilt ihre einzelnen Aussagen.

«Wir sind keine Rechtsextremisten und distanzieren uns klar von Nationalsozialismus und anderen totalitären Ideologien.»

Baier: Das überrascht mich nicht. Es gibt in der Schweiz nahezu niemanden, der sich offen zum Nationalsozialismus bekennen würde. Dennoch steckt hinter dem, was die Junge Tat sagt und verbreitet, eine rassistische Ideologie.

Die Junge Tat möchte bestimmten Gruppierungen die demokratischen Freiheiten absprechen. So will die Junge Tat beispielsweise der LGBTIQ-Community verbieten, ihre sexuelle Identität auszuleben. Auch die demokratischen Rechte anderer ethnischer und religiöser Gruppen wollen sie beschränken. Es sind also klar rechtsextreme Elemente vorhanden. 

«Wir setzen uns für den Erhalt und die Förderung unserer ethno-kulturellen Identität ein. Deshalb kritisieren wir die Ersetzungs-Migration, die auch in der Schweiz voranschreitet.»

Baier: Das ist ein typisch rechtsextremes Thema. Es geht um die Idee einer ursprünglichen Bevölkerung Europas, die allmählich durch Migrantinnen und Migranten ersetzt wird. Das ist klassischer Rechtsextremismus.

«Unsere Werte- und Moralvorstellungen zielen auf linke Narrative wie beispielsweise den Gender-Wahnsinn an, den die SVP Zürich nun anficht.»

Baier: Es ist gefährlich, dass die Junge Tat an eine etablierte Partei wie die SVP andockt. Dadurch wähnt sich die Gruppe ein Stück weit in einer Mehrheit. Sie wollen nicht als extrem gelten, sondern wollen zeigen, dass sie Ideen verfolgen, welche die Gesellschaft derzeit beschäftigen. Das ist gefährlich, denn hinter diesen Ideen steckt eine Feindlichkeit gegenüber der LGBTIQ-Community. Das kann man demokratisch nicht wollen.

«Unsere Proteste, Aktionen und Forderungen befinden sich klar im demokratischen und rechtsstaatlichen Rahmen. Wir sind stets und konsequent gewaltfrei. Bei Angriffen von linksextremer Seite waren wir immer nur defensiv.»

Baier: Es stimmt nicht, dass sie nur reaktiv gewalttätig werden. Die beiden Mitglieder sprechen dabei wahrscheinlich nur von physischer Gewalt, also beispielsweise jemanden zu schlagen. Ein aggressives Auftreten als Gruppe, die Androhung von Gewalt oder der Einsatz von Pyros sind aber ebenfalls Formen von Gewalt – alles Formen, die beispielsweise bei der Störung der Lesestunde sichtbar waren. Ausserdem liegen gegen einzelne  Personen Urteile wegen illegalen Waffenbesitzes vor. Das zeigt, dass sie eine Gewaltbereitschaft aufweisen.

«Es gab vor uns keine patriotischen Kreise oder aktivistischen Gruppen. Wir haben ein Vakuum gefüllt.»

Baier: Es gab schon vorher patriotische Kreise in der Schweiz. Was den Aktionismus anbelangt, hat die Junge Tat aber tatsächlich eine Lücke gefüllt. Rechtsextremismus war in der Vergangenheit kaum sichtbar. Die Junge Tat hat diesen in den letzten Jahren angeschoben, jünger und aktionsorientierter gemacht.

«Mit der nationalen Aktionsfront, der NJS (Nationalistische Jugend Schweiz) und der Eisenjugend gehen wir mittlerweile getrennte Wege. Die weltanschaulichen und strategischen Differenzen sind zu gross.»

Baier: Diese drei Gruppierungen sind mehr oder weniger tot. Die Frage ist, ob deren Mitglieder nicht direkt in die Junge Tat übergegangen sind. 

«Die Schweizer Medienlandschaft berichtet extrem einseitig über uns. Auch Politiker beteiligen sich an diesem Mainstream, um an Wählerstimmen zu gelangen.»

Baier: Die Junge Tat gibt sich als Opfer eines politischen Diskurses. Sie zeigen sich als Gruppierung, die eigentlich einen demokratisch-legitimen Protest ausüben will, was sie aber nicht tun. Sie sind antidemokratisch und rechtsextrem. Ich finde es richtig, dass sich die demokratischen Kräfte dagegen stemmen.