«Gottverdammti Guetmensche»

St. Galler Tagblatt: Sie sind anonym und wollen eine angebliche Islamisierung der Schweiz verhindern: Die rechtsnationalen Helvetic Brothers, deren Facebook-Seite über 11 000 Menschen gefällt. Nun haben sie einen Ableger in der Ostschweiz gegründet.

ST. GALLEN. «Multikulti-Scheiss», «Gad abfahre mit dene huere Moslems», «Gottverdammti Guetmensche». Kein Zweifel: Wer auf der Facebook-Seite der Helvetic Brothers Kommentare abgibt, mag Ausländer, insbesondere Moslems, nicht. Bereits über 11 000 Menschen haben die Seite mit «Gefällt mir» markiert.

Deren Macher ihrerseits posten fleissig Bilder und Illustrationen. Tenor: Die Schweiz ist drauf und dran, sich mit ihrer Ausländerpolitik abzuschaffen. Auf einem Bild wässert ein Schweizer ein Bäumchen, das den Islam symbolisiert und an dem sich ein Seil befindet. Der brave Eidgenosse trägt die dazugehörige Schlinge um den Hals. Sie zieht sich immer weiter zu, je mehr er das Bäumchen zum Wachsen bringt – es ist eine Frage der Zeit, bis er sich selbst erhängt.

Posieren an der Brühlgasse

Die Helvetic Brothers sind eine anonyme Gruppierung, die im vergangenen Sommer erstmals mit einer Aktion für Aufruhr sorgte. Im Aargau hatte sie Plakate mit Botschaften wie «Islamisierung stoppen» angebracht. Nun ist auf Facebook ein Bild aufgetaucht, das zeigt: Die Organisation hat offenbar einen Ableger in der Ostschweiz gegründet. 15 unkenntlich gemachte Personen posieren an der Brühlgasse in St. Gallen. Oben am Foto prangt das Logo der Helvetic Brothers, unten steht «Sektion Ostschweiz».

Vor kurzem gegründet

Was sagt die St. Galler Kantonspolizei zu den Helvetic Brothers und diesem Bild? Sprecher Gian Andrea Rezzoli bestätigt, die Ostschweizer Sektion der Gruppierung sei vor kurzem gegründet worden. «Ein physisches Bestehen der Gruppe war bis anhin nicht bekannt, scheint aber mit diesem Foto belegt zu sein.» Aktionen oder Straftaten wurden im Kanton St. Gallen bisher nicht festgestellt. «Daher ist eine Einstufung als rechtsextremistische Gruppierung derzeit nicht angezeigt.» Generell sagt er, die rechtsextreme Szene sei kantonal und national rückläufig.

Polizeisprecher aus dem Thurgau, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden erklärten, ihnen seien keine Aktivitäten der Helvetic Brothers in ihrem Kantonsgebiet bekannt.

«Keine Scheinmigranten»

Auf Anfrage teilte die Ostschweizer Sektion der Helvetic Brothers anonym via Facebook mit, sie habe rund 20 aktive Mitglieder – «die Anzahl ist stark ansteigend». Die Helvetic Brothers kämpften gegen die Islamisierung der Schweiz. «Kriegsflüchtlinge, welche Schlimmes erlebt haben, sind herzlich willkommen, jedoch keine Scheinmigranten», heisst es in der Stellungnahme. Auf Facebook schreibt die Gruppierung, sie stehe für alle patriotischen Eidgenossen, man respektiere alle anderen Völker, Kulturen und Länder. Man wolle die Bevölkerung «aus dem Tiefschlaf reissen».

In ihrer Stellungnahme kündigt die Gruppe an, künftig auch in der Ostschweiz Plakataktionen durchzuführen. Auch Standaktionen oder Kundgebungen seien geplant – genauso wie Engagements für Obdachlose oder Tierheime. Des weiteren betont die Gruppe, Neonazis hätten bei den Helvetic Brothers nichts zu suchen. Man könne nicht jeden einzelnen Kommentar auf Facebook verfolgen – wer aber Neonazi-Standpunkte vertrete, werde gemahnt und bei Wiederholung gelöscht oder blockiert. Die Stellungnahme endet mit guten Wünschen für einen schönen Tag – und einem augenzwinkernden Wunsch an den Journalisten: «Wer weiss, vielleicht sind auch Sie bald ein Patriot…»

«Klar diskriminierend»

Hans Stutz, Journalist mit Schwerpunkt Rechtsextremismus, hat bisher keine Anleihen der Helvetic Brothers an den Nationalsozialismus festgestellt. «Sie stehen aber für einen militanten Nationalismus.» Stutz weiss ebenfalls von der Existenz eines Ostschweizer Ablegers der Organisation – welche Köpfe dahinterstecken, ist ihm nicht bekannt. Unklar ist laut Stutz auch, wer die Organisation auf nationaler Ebene führt. «Der Schwerpunkt der Helvetic Brothers scheint mir im Kanton Aargau zu liegen – es gibt einen Hinweis auf eine Adresse in Suhr», sagt er.

Auf ihrer Facebook-Seite unterstreichen die Helvetic Brothers zwar, sie seien keine Plattform von Rassisten und Neonazis. Für Hans Stutz ist das eine reine Schutzbehauptung: «Tatsache ist: Sie machen Aussagen und Vorschläge, die gegenüber Ausländern und insbesondere Moslems klar diskriminierend sind.»