Der Basler Geheimdienst soll Rechtsextreme mehr ins Visier nehmen

Limmattaler Zeitung. Die Basler Sektion des Nachrichtendienstes beobachtet die linksextreme Szene viel stärker als die rechtsextreme. Nun will die Aufsichtskommission sicherstellen, dass hier kein blinder Fleck besteht.

Rund 80 Einsätze bestreitet die sogenannte Fachgruppe 9, abgekürzt FG9, pro Jahr. Die FG9 ist die Basler Abteilung des Nachrichtendienstes des Bundes, also des Schweizer Geheimdienstes, und fungiert als Schnittstelle zwischen der Zentrale in Bern und den Basler Behörden. Insgesamt neun Personen sind in Basel stationiert.

Bei der Durchsicht der Auftragsliste ist dem Kontrollorgan, das die Fachgruppe 9 im Auftrag des Parlaments und der Regierung überwacht, aufgefallen, dass linksextreme Personen und Gruppierungen deutlich öfters auftauchen als rechtsextreme. Eines der wenigen öffentlich bekannten Beispiele eines FG9-Einsatzes ist die «Basel nazifrei»-Demonstration vom November 2018. Mehrere der Personen, die nach Scharmützeln mit der Polizei angeklagt wurden, konnten nur aufgrund von Fotos identifiziert werden, die Mitarbeitende der FG9 geschossen haben. Diese Information sickerte während eines Prozesses durch. Auch in weiteren Verhandlungen stützt die Staatsanwaltschaft auf Beweismittel der FG9 ab. Weitere Informationen werden aber mit Blick auf die hohe Geheimhaltung beim Nachrichtendienst nicht gegeben.

Nur die Gegendemonstranten oder auch die Nazis im Visier?

Brisant an der Angelegenheit ist, dass der bekannte Schweizer Neonazi Tobias Steiger an der gleichzeitig stattfindenden Kundgebung der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos), gegen die sich die Demo richtete, eine Rede mit klaren antisemitischen Aussagen gehalten hat. Auch Steiger wird sich dafür noch vor Gericht verantworten müssen. Gegen den Strafbefehl hat er Einspruch eingelegt.

Vergangene Woche hat die bz aufgedeckt, dass Steiger mittlerweile wieder mehrfach massiv antisemitisch geäussert hat, was zu einer weiteren Verurteilung führen dürfte. Mittlerweile ist auch der Bund der Ansicht, dass die Ermittlungsmöglichkeiten gegen politische Extremisten ausgebaut werden müssen.

Ob und wie sehr die Fachgruppe 9 an jenem Tag Teilnehmer von beiden Demos auf dem Radar hatte oder ob sich der Einsatz auf die linksextreme Gegendemo fokussierte, ist unklar. Zwar liegt mittlerweile eine parlamentarischer Vorstoss vor, der genau diese Fragen aufwirft. Es ist allerdings kaum davon auszugehen, dass die Regierung zum Vorgehen des Geheimdienstes viel sagen wird beziehungsweise darf.

Das Kontrollorgan der FG9 jedenfalls will dem Ungleichgewicht nun auf den Grund gehen.

«Wir wollen uns ein eigenes Bild machen und sicherstellen, dass keine Betriebsblindheit herrscht»,

sagt Markus Schefer, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht, der die Aufsicht leitet. Gleichzeitig betont er, es gebe keinen Hinweis für diesen Verdacht. «Unsere verstärkte Fokussierung auf das Thema soll dazu dienen, diesen Eindruck zu untermauern.»