20 Minuten. Einer Person of Colour wurde an der Basler Fasnacht von einer Clique ein Zettel in die Hand gedrückt, auf dem das N-Wort auftaucht. Das Wort sei eindeutig rassistisch konnotiert, sagt dazu die Antirassismuskommission.
Darum gehts
- An der Basler Fasnacht verteilen Fasnachts-Gruppierungen, sogenannte Cliquen, Zettel, auf denen selbst kreierte Reime zu lesen sind.
- Die Alte Garde der Rhyschnoogge-Clique verteilte ihren Zettel an eine schwarze Frau. Darauf ist zweimal das N-Wort zu lesen. Im Zusammenhang mit der nonbinären Person Kim de l’Horizon findet sich das Wort «Tunte».
- Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus deklariert das N-Wort klar als herabsetzend und verletzend.
«Ich wäre am liebsten wieder nach Hause», sagt die junge Frau gegenüber 20 Minuten. Der Person of Colour wurde von der Fasnachts-Clique «Rhyserva», der alten Garde der Rhyschnoogge, ein Zeedel in die Hand gedrückt. Dieser beginnt direkt mit einer Triggerwarnung, dass empfindliche Leser die Rückseite des Zettels nicht lesen sollen, da unangemessene Ausdrücke verwendet werden. Nur – bereits einen Absatz später fällt das N-Wort. «Ich bin richtig geschockt», sagt die 22-Jährige. Liest man weiter, wird die nonbinäre Person Kim de l’Horizon erwähnt, die früher als «Tunte» bezeichnet worden wäre.
Die Zeedel an der Basler Fasnacht haben eine langjährige Tradition. Jede Clique, sprich Fasnachts-Gruppierung, verteilt diese mit eigens kreierten Versen darauf, die das gewählte Sujet in Worten ausspielt. 492 gemeldete Einheiten nahmen dieses Jahr am Cortège, dem Fasnachtsumzug, am Montag und Mittwoch teil. Nebst Energieknappheit, Klima und kultureller Aneignung war auch das Thema Woke eine häufig gewählte Thematik. Hat der Grossteil der Cliquen dies kreativ und auch reflektiert umgesetzt, tanzen die «Rhyserva» und die alte Garde der Rhygwäggi aus der Reihe. Die beiden Cliquen verantworten zusammen Vor- und Rückseite des beidseitig bedruckten Zeedels.
Um diesen Vers geht es unter anderem:
Das N-Wort wurde durch 20 Minuten in eckigen Klammern ersetzt.
Richtig unwohl isch s scho mängge Mentsche gsii,                                             Syggs wägen em Ässe oder au z vyyl Wyy.                                                    Doch sit Neyschtem gits noh anderi Grind                                                     Verfilzti Hoor bi Wysse, daas syyg Sind.                                                      Z Bäärn wäägere Muusig isch daas bassiert;                                                   Zue Unwohlsyy haig das bi zwai, drey gfiehrt.                                                  Es darf nummen en [N-Wort] die Logge haa,                                                  Will die Kultuur isch nyt fir dr wyssi Maa.                                                      Maine Sy, das sygi schlächt?                                                                Das isch wohr, doo händ Sy rächt!                                                           Es git denn au no andri Sache,                                                              Wo me nit waiss, ob me soll Lache.
Mit dem Rassismus-Vorwurf konfrontiert, entgegnet der Autor des Zeedels: «Wir wollen niemanden vor den Kopf stossen, es sind lediglich Feststellungen.» Ein Problem sehe er bei der Wortwahl nicht. «Das N-Wort wird auch heute noch verwendet und früher hätte man Kim de l’Horizon halt so gesagt», rechtfertigt er die Verwendung der abwertenden Bezeichnungen. Ganz so einfach ist es aber nicht.
«Auch an der Fasnacht ist das Gesetz nicht ausgehebelt»
«Das N-Wort ist eindeutig eine rassistisch konnotierte Bezeichnung, die People of Colour herabsetzt und verletzend ist», so die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus EKR auf Anfrage. Dabei komme es im Rahmen der Strafbarkeit darauf an, wie das Wort verwendet wurde. «In der Rechtsprechung wurde die Verwendung des N-Wortes ohne weitere Zusätze regelmässig nicht als Verstoss gegen die Diskriminierungsstrafnorm beurteilt», sagt die EKR. Es komme jedoch immer darauf an, in welchem Kontext das N-Wort gebraucht werde. Auch das Fasnachts-Committee selbst positioniert sich dazu.
«An der Fasnacht herrscht grundsätzlich keine Zensur», so das Committee auf Anfrage. Dennoch sei auch an diesen Tagen das Gesetz nicht ausgehebelt. «Gesetze zu Antisemitismus und Rassismus gelten weiterhin», so der Sprecher weiter. Auch wenn es vermutlich nicht für eine Strafbarkeit reicht, kann die Clique aufgrund des Zettels finanziellen Schaden davontragen.
Verteilung der Gelder streng vertraulich
«Die Cliquen werden unter anderem zu Originalität, Aufwand, Qualität, den Laternen und auch den Zetteln bewertet», heisst es weiter. Diese Bewertung fliesst mit 25 Prozent in die gesprochenen Subventionen ein, die jede Clique nach der Fasnacht erhält. Die restlichen 75 Prozent der Gelder werden pro Kopf gesprochen. Ob es für die Alte Garde der Rhyschnooge-Clique finanzielle Kürzungen geben wird, wird jedoch nicht offengelegt werden. Die zugesprochenen Gelder werden an der Basler Fasnacht streng vertraulich behandelt.