«Echte Eidgenossen» protestieren

Thurgauer Zeitung: Am Samstagnachmittag marschieren Rechtsnationalisten in St. Gallen gegen die «linke Politik in unserem Land» auf. Gerufen zur Demonstration haben zwei Ex-Mitglieder der Partei DPS. Linke kündigen eine Gegendemo an.

ST. GALLEN. «An unsere Regierung, der Souverän sind wir, das Volk!» So lautet der Titel der Demonstration, die morgen Nachmittag in St. Gallen stattfinden soll. Um 14 Uhr wollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vom Bahnhof zum Marktplatz ziehen und ihren Unmut kundtun. «Wir echten Schweizer und Eidgenossen haben endgültig genug von der linken Politik in unserem Land», heisst es in einem Facebook-Aufruf. «Wir brauchen keine Landesvernichter, wir brauchen Politiker, die unser Land stärken.»

Die kämpferischen Töne stammen von den Initiantinnen Brigitte Hagen aus dem aargauischen Oberentfelden und Diana Rüsch aus Widnau. Die Frauen sind keine unbeschriebenen Blätter: Beide waren Gründungsmitglieder der Direktdemokratischen Partei Schweiz (DPS). Die Rechtsaussen-Partei wurde 2012 auf dem Rütli aus der Taufe gehoben und wird seither immer wieder mit der rechtsextremen Szene in Verbindung gebracht.

Neonazis nicht erwünscht

Die Initiantinnen betonen jedoch, dass sie für die Demonstration weder eine Partei im Rücken haben noch Neonazis bei ihrem Marsch durch St. Gallen dabei haben wollen. «Es sind auch Linke eingeladen, die gegen die Machenschaften unserer Politiker demonstrieren wollen», sagt Rüsch. «Es ist eine Demonstration von Bürgern für Bürger.»

Jeglicher Extremismus sei unerwünscht: Wer vermummt erscheine oder rassistische Parolen verlauten lasse, werde von der Kundgebung ausgeschlossen. «Wir haben eigene Leute in unseren Reihen, die zum Rechten schauen sowie eine entsprechende Abmachung mit der Polizei, die uns dabei helfen wird.» Die beiden Frauen betonen, dass sie eine friedliche Kundgebung wollen: «Teilnehmen werden auch alte Leute und Kinder», sagt Rüsch. Deshalb finde der Anlass auch nicht in der Bundeshauptstadt, sondern in St. Gallen statt. «Bern hat zu viele militante Linke», so die Initiantin.

Auch gegen «Kuscheljustiz»

Konkret soll die Demonstration die grosse Unzufriedenheit gegenüber den Politikern zeigen. «Die in Bern machen, was sie wollen. Der Wille des Volkes wird überhaupt nicht berücksichtigt», sagt Rüsch. Besonders kritisieren die beiden Organisatorinnen Simonetta Sommaruga: «Was zum Beispiel die Umsetzung der Ausschaffungs-Initiative angeht, macht sie, was sie will und was sie für richtig hält», sagt Mitinitiantin Brigitte Hagen. Dabei werde der Wille des Volkes verletzt. Weiter äussern sich die beiden gegen die «Kuscheljustiz» und nennen als Beispiel den Fall Carlos. «Auch hier wurde gegen den Willen des Souveräns gehandelt», sagt Rüsch.

Von der Polizei bewilligt

Die St. Galler Stadtpolizei hat die Kundgebung bewilligt, nachdem sie ein erstes Gesuch der beiden Frauen für eine Demonstration am 1. März abgelehnt hatte. Damals sei das Konzept unvollständig gewesen und gleichzeitig habe die Fasnacht stattgefunden, begründet Stapo-Mediensprecher Dionys Widmer die Absage. Nun aber wurde das Konzept eingereicht und der Marsch abgesegnet. Erwartet werden 150 bis 200 Personen. «Wir gehen von einer ruhigen Kundgebung aus und werden diese begleiten», sagt Widmer.

Gegendemo angekündigt

Allzu ruhig dürfte es morgen jedoch nicht bleiben: Einerseits lässt die Facebook-Teilnehmerliste vermuten, dass sich auch Neonazis unter die Demonstranten mischen. Anderseits haben linke Kreise, darunter die Gewerkschaft Unia Jugend Ostschweiz und Graubünden, eine Gegendemo angekündigt. «Wir wollen den Rechtspopulisten nicht das Feld überlassen», sagt ein Gegendemonstrant. Deren Botschaften seien rassistisch, «auch wenn sie es immer wieder zu verschleiern versuchen».

Gestern ist das Gesuch für die Gegendemo bei der Stadtpolizei eingereicht worden. Die Chancen für eine Bewilligung stünden allerdings schlecht, vermuten die Initianten. Die Polizei habe durchblicken lassen, dass für einen weiteren Protestmarsch nicht genügend Personal zur Verfügung stehe, und deshalb höchstens eine Platzkundgebung in Frage komme. Entschieden ist noch nichts: Stadtpolizei und Initianten treffen sich heute.