Rechtsextremer will Nazi-Lifestyle kultivieren. Aktion Kinder des Holocaust wehrt sich gegen Verbreitung der «Nordischen Gymnastik»

BaslerZeitung

Martin Rutschmann

Klingt harmlos. «Nordische Gymnastik». Erinnert an Nordic Walking, an ältere Damen und Herren mit Stöcken im Wald. So harmlos wie der Wald-Sport scheint diese Form der Gymnastik nicht zu sein. Denn Bernhard Schaub, ehemaliges Aushängeschild der rechtsextremen Partei National orientierter Schweizer (Pnos), steht hinter dem Ganzen. Er bietet entsprechende Kurse in der Ostschweiz, in Deutschland und Schweden an.

Auf der Seite «www.nordgym.com» steht, was das Nordische an dieser Gymnastik sei: «Sie entspricht dem Bewegungstyp des mittel- und nordeuropäischen Menschen.» Schwerpunkte der Kurse sind unter anderem Atemschulung und Kräftigungsübungen, aber auch Themen wie Philosophie, Kraft und Schönheit werden behandelt. Im Zusammenhang mit der nordischen Gymnastik tauchen nebst deutschen Philosophen wie Nietzsche auch Namen aus dem dritten Reich auf.

Sport der HitlerJugend. Für Samuel Althof von der Rechtsextremismus-Präventions-Organisation Aktion Kinder des Holocaust ist klar: «Bei diesen Kursen geht es um mehr als um Gymnastik.» Schaub wolle sein rechtsextremes Gedankengut unter dem Deckmantel des Sports unters Volk bringen. «Er versucht, eine Art Nazi Lifestyle zu kultivieren.» Fakten bestärken Althof in seiner Befürchtung. Auf Schaubs Homepage sind ein Teil dieser Fakten nachzulesen – allerdings indirekt. So wird der 1974 verstorbene Pädagoge Hinrich Medau zitiert, dessen rhythmische Gymnastik im Kurs gelehrt wird: «Die Deutsche Gymnastik widmet sich der Aufgabe, eine organische Bewegungsschulung zu verwirklichen und mit deren Hilfe eine neue Leibeserziehung aufzubauen», soll Medau gesagt haben.

Dass dessen Gymnastik während des Dritten Reiches von der weiblichen Hitlerjugend ausgeübt wurde, wird auf der Homepage verschwiegen. Auch Medaus berufliche Kontakte zu Hitlers Lieblings-Filmemacherin Leni Riefenstahl werden nicht erwähnt.

VOLKSTANZ ALS LOCKVOGEL. Menschen aber, die nichts mit der Nazi-Zeit am Hut haben, werden auf der Homepage namentlich aufgeführt: Unter anderem Astrid Heinzer von der Basler Volkstanzgruppe. In Schaubs Programm ist ein Volkstanz-Wochenende mit Gymnastik aufgelistet, der im Januar hätte stattfinden sollen. Aus dem Kurs wurde nichts, weil der vorgesehene Saal schon besetzt war.

Am Morgen sollte nordische Gymnastik betrieben werden, nachmittags wäre es mit Volkstänzen unter der Leitung Astrid Heinzers weitergegangen. «Als ich diesem Kurs zugesagt habe, wusste ich nicht, mit wem ich es zu tun habe», sagt sie. Dann warnte sie Althof: «Ich bin aus allen Wolken gefallen. Ich habe nichts von Schaubs Aktivitäten gewusst.»

Althof streitet nicht ab, dass Schaub charmant sein könne. Genau das sei das Problem: «Er versucht, mit einer wichtigen Person aus der Volkstanz-Szene ein grosses Publikum anzulocken, um seine radikalen Ansichten durchzubringen.» Bernhard Schaub war für die baz nicht zu erreichen. Er hat eine Adresse in Dornach. Dort werden Anmeldungen für die Kurse angenommen.