«Wir haben den ganzen Block abgewehrt»

OltenerTagblatt

«Wir haben den ganzen Block abgewehrt»

Rechtsextreme Wie die Polizei in Lenzburg den Angriff auf Bundesrat Samuel Schmid abwehrte

Rund 200 Rechtsradikale versuchten, den Auftritt von Bundesrat Samuel Schmid auf dem Schloss Lenzburg zu stören. Urs Winzenried, stellvertretender Polizeikommandant, erklärt, wie es gelang, die Störenfriede in die Flucht zu schlagen.

Lorenz Frischknecht

Wann haben Sie erfahren, was die Rechtsextremen planen?

Urs Winzenried: Dass sich die Szene anlässlich des 1. Augusts bemerkbar macht, haben wir angenommen. Bis zum Vorabend bestanden nur Anzeichen einer Mobilisierung. Doch den Ort kannten wir nicht – bis sich die Rechtsextremen gegen 10 Uhr in Lenzburg versammelten. Wir waren uns allerdings bewusst, dass der Auftritt eines Bundesrats Extremisten ein Podium bieten könnte, und haben deshalb auf der Lenzburg ein grosses Dispositiv vorgesehen.

Wer hat Ihnen den Tipp gegeben, dass die Rechtsradikalen etwas im Schilde führten?

Winzenried: Wir sind in einem Netzwerk zwischen dem Dienst für Analyse und Prävention des Bundes und den Nachrichtendiensten anderer Kantone. So haben wir Informationen teils selber gesammelt, teils von anderen Spezialisten erhalten. Wir haben mit Lenzburg als möglichem Ziel einer Aktion gerechnet, hatten aber keine Hinweise auf die tatsächliche Durchführung.

Wäre es möglich gewesen, vor der Feier genauere Kenntnisse zu gewinnen?

Winzenried: Die Alarmierung der Szene, das heisst ein allgemeiner Aufruf zu einer Aktion, findet üblicherweise im Internet statt. Informationen zu Zeit und Ort werden aber äusserst kurzfristig verteilt, meist via SMS. Es ist gut möglich, dass auch die Teilnehmer erst am Morgen diese Angaben erhalten haben.

Waren Sie also trotzdem überrascht?

Winzenried: Ãœberrascht hat uns, dass die Rechtsradikalen aus der ganzen Schweiz den Weg nach Lenzburg gefunden haben, mehrheitlich aus der Deutschschweiz, aber auch aus dem Wallis und dem Tessin. Wir rechneten nur mit einer Aktion der Aargauer Szene.

Für die Polizei war es eigentlich ein leichtes Unterfangen, die Rechtsextremen von der Lenzburg fern zu halten. Angesichts der Lage des Schlosses war deren Vorhaben äusserst keck.

Winzenried: Tatächlich waren wir in einer strategisch günstigen Situation. Die Lenzburg verfügt nur über wenige Zufahrten und Zugänge, sodass wir die Rechtsextremen leicht kanalisieren konnten. Umgekehrt hat sich das Problem gestellt, dass die Zugänge für die zahlreichen friedlichen Gäste nicht gesperrt werden durften. Bundesrat Schmid sollte ja vor Publikum reden.

Glauben Sie, dass die Rechtsextremen überrascht waren von der grossen Zahl Polizisten in Vollmontur?

Winzenried: Ja, aber vermutlich noch mehr vom dezidierten Verhalten des Ordnungsdienstes. Wir haben beim Parkplatz den ganzen Block abgewehrt, statt kontrolliert einzelnen Personen Zutritt zu gewähren. Die Rechtsradikalen versuchten dann, gruppenweise über Fusswege und sogar die Steile Wiese vorzudringen. Deshalb verteilten wir die Polizisten rund ums Schloss, bis sich die Rechtsextremen wieder verzogen. Rund 80 Personen bildeten einen Demonstra tionszug in Richtung Stadt. Schliesslich kehrten alle wieder zur Schützenmatte zurück und fuhren weg.