Vom Haschkonsum und schwarzen Schafen

TagesAnzeiger

Schwerer Stand für Ueli Maurer am Wahlpodium der Wetziker Berufsschule: Mit seinem Nein zur Cannabis-Legalisierung kam der SVP-Politiker bei den Lehrlingen schlecht an.

Von Walter Sturzenegger

Wetzikon. – Was erwarten Jugendliche von eidgenössischen Parlamentarierinnen und Parlamentariern in den nächsten vier Jahren? Eine Podiumsdiskussion an der Gewerblichen Berufsschule Wetzikon (GWB) lieferte gestern ein paar Antworten. Oben auf dem Podium sassen die Nationalratskandidaten Bastien Girod (Grüne, Zürich), Barbara Marty Kälin (SP, Bertschikon, bisher), Andreas Dreisiebner (CVP, Seuzach), Ruedi Noser (FDP, Wetzikon, bisher) und Ständeratskandidat Ueli Maurer (SVP, Wernetshausen, bisher Nationalrat). Unten hörten 320 Lehrlinge zu, applaudierten oder äusserten auch mal deutlich ihren Unmut. Ruedi Noser lobte: «Ein erfrischend spontanes Publikum.»

Das Publikum nahm sich vor allem Ueli Maurer vor. Cannabis müsse für medizinische Zwecke legalisiert werden, forderte ein Elektromonteur-Lehrling, unterstützt von kräftigem Applaus. Maurer hatte dafür kein Musikgehör. Er sei grundsätzlich gegen Haschischkonsum und deshalb auch gegen eine medizinische Anwendung. Unvermeidlich, dass der SVP-Präsident in diesem Zusammenhang auf die Hanfpflanzen angesprochen wurde, die ein Fernsehteam in seinem Garten gefilmt hatte. «Eine Verschwörung», rechtfertigte er sich. Die Lehrlinge konnten sich das Lachen nicht verkneifen. Worauf Maurer anfügte, er wolle nicht behaupten, seine Kinder hätten noch nie Cannabis konsumiert.

Mit seinem grundsätzlichen Nein blieb Maurer allein. Bastien Girod ging gar nicht erst aufs Thema ein. Barbara Marty Kälin plädierte für eine Entkriminalisierung. Für Andreas Dreisiebner ist die gute medizinische Wirkung ausgewiesen, auch wenn der Stoff «nicht verharmlost werden darf». Und Ruedi Noser verwies auf seine Mitgliedschaft im Initiativkomitee für die Liberalisierung des Cannabiskonsums.

Breitseite wegen Schaf-Plakaten

Die SVP-Plakate mit den weissen und schwarzen Schafen seien «unter aller Sau», lancierte ein Zimmermann-Lehrling eine zweite Breitseite. Das findet auch Barbara Marty. Ein weiterer Kommentar erübrige sich, meinte sie im Einklang mit Ruedi Noser und Bastien Girod. Andreas Dreisiebner hingegen mochte nicht schweigen. «Unappetitlich und verantwortungslos» sei das Plakat, und wähler- verachtend. Diese würden als «blökende Schafe» dargestellt, die dumm einem Anführer hinterherliefen. Maurer zeigte sich unbeeindruckt. «Wir müssen die schwarzen Schafe ausschaffen», wiederholte er und präzisierte: «Wohlgelitten sind jene Ausländer, die sich korrekt verhalten.»

Maurer wolle neu auch Kinder ausschaffen, spann Noser den Faden weiter und warnte: «Kinder ins Gefängnis – da machen wir einen Fehler!» Besser wäre nach Ansicht des FDP-Politikers, in den Schulen für Ordnung zu sorgen und die Eltern in die Pflicht zu nehmen. Girod will «den Vollzug stärken» und forderte, die Gesellschaft dürfe Gewalt nicht akzeptieren – unabhängig davon, ob sie von Schweizern oder Ausländern ausgeübt werde. Entscheidend seien klare Spielregeln, ergänzte Dreisiebner, und «dass Konsequenzen gezogen werden». Delikat war das Thema für Barbara Marty. SP-Ständeratskandidatin Chantal Galladé will in schweren Fällen schon 14-jährige Jugendliche ins Gefängnis stecken. Die Medien hätten sich auf eine von zwölf vorgeschlagene Massnahmen zur Bewältigung der Jugendgewalt gestürzt, verteidigte Marty Kälin ihre Parteikollegin, um schliesslich doch klarzustellen: «Ich persönlich lehne den Jugendknast ab.»

Darauf nahmen die Lehrlinge wieder Ueli Maurer ins Visier. Die SVP habe inihrer Werbung die Jugendgewalt den Hip-hoppern in die Schule geschoben, kritisierte ein Lastwagenmechaniker-Lehrling. Maurer gestand: «Wir haben uns im Bild vergriffen.» Die SVP habe Jugendliche für einen Werbefilm missbraucht, doppelte ein Landschaftsgärtner nach. «Wir haben den Fehler zu spät bemerkt», antwortete Maurer. Ob er Schweizer Gewalttäter auch ausschaffen wolle, lockte ein Gärtnerlehrling den SVP-Politiker aus der Reserve. Dessen Antwort löste Gelächter aus: «Nein, das darf man nicht. Wo sollten sie auch hin?» Zum Applaus fand Maurer zurück, als er die Briefkastenanschläge auf Rütlikomitee-Mitglieder verurteilte und sich von Rechtsextremen distanzierte.

So engagiert die Diskussion phasenweise war, so ernüchternd war das Resultat der Umfrage, die Gesprächsleiter und Berufsschullehrer Emil Kägi zum Abschluss der Veranstaltung machte: Von den anwesenden 320 Berufsschülern war zwar etwa die Hälfte stimmberechtigt, doch an den eidgenössischen Wahlen teilnehmen wollen nur ein paar wenige.