Tachles.
In den vergangenen Wochen führten Medienberichte über Rechtsextreme zweimal zu Forderungen nach verstärkter Repression.
In Schwyz demonstrieren zwölf Rechtsextremisten in Ku-Klux-Klan-Gewändern an der Fasnacht. Ein wenig bekannter SP-Nationalrat wollte eine strafrechtliche Ahndung von rassistischen Zeichen, also eine Ausweitung der Rassismus-Strafnorm (Art. 261bis StGB) einführen. Der «Sonntags-Blick» publizierte ein paar Facebook-Bildchen von Rechtsextremisten, alle mit Waffen posierend, alle wohl gewaltaffin. Dazu erwähnt das Blatt einen PNOS-Vertreter, der «unter falschem Namen» den Christchurch-Attentäter gelobt habe. Der Staatsschutz würde wegschauen, er brauche mehr Überwachungsmöglichkeiten.
Eigentlich nichts Neues und damit kaum einer Medienaufregung wert: Es ist seit Jahrzehnten bekannt, dass bei Rechtsextremen häufig Waffen gefunden werden und viele von ihnen sich gerne mit Waffen ablichten lassen.
Wesentlicher ist: Die Ahndung rassistischer Zeichen ist in den vergangenen 20 Jahren bereits zweimal gescheitert. Auch weil Rechtsbürgerliche weitere Symbole unter Strafe stellen wollten, wie Hammer und Sichel oder Anarchistenzeichen. Und auch die berechtigte Aufregung über das grosse Naziskin-Konzert in Unterwasser, Toggenburg, verführte die bürgerliche Mehrheit der St. Galler Regierung zu einem Gesetzesentwurf, der das Verbot aller Veranstaltungen ermöglicht, die «nicht mit der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung vereinbart werden» und «dadurch die Bevölkerung in Angst und Schrecken» versetzen könnten. Eine Strafbestimmung, die sich in der Praxis gegen linke und staatskritische Veranstaltungen richten wird.
Auch der Schweizerische Staatsschutz hat die «Rechts»-Blindheit in seiner DNA. Und daran wird sich nichts ändern.
Notwendig ist daher die Stärkung zivilgesellschaftlicher Akteure – sowohl auf lokaler, kantonaler wie nationaler Ebene – und die Schaffung zivilgesellschaftlich organisierter Aufklärungs- und Informationsstellen (wie es zum Beispiel Österreich mit der Dokumentationsstelle des Österreichischen Widerstandes kennt).
Verschiedene Studien belegen, wenn auch mit unterschiedlicher Gewichtung, dass repressive Massnahmen Rechtsextremismus «nicht ursächlich bekämpfen». Neben sachlichen Analysen rechtsextremer Erscheinungen seien Austausch und Kooperation zwischen verschiedenen Akteuren notwendig. Weiter auch eine konsequente Verurteilung von Diskriminierungen, Präventionsarbeit inklusive Entradikalisierungsmassnahmen, Betonung der liberalen Demokratie und ihrer Werte wie Pluralismus und Vielfalt, Ausbau institutioneller Gegenöffentlichkeit und Stärkung zivilgesellschaftlicher Akteure. Oder anders ausgedrückt: Weit effektiver als die staatliche Repression ist die gesellschaftliche Ausgrenzung rechtsextremistischer Überzeugungen.
Apropos Rassismusstrafnorm. Die schnell Aufregbaren werden wohl bald ihr Engagement einen Abstimmungskampf lang durch politisches Engagement belegen müssen. Es ist nicht mehr auszuschliessen, dass das Referendum gegen die Ausweitung der Rassismusstrafnorm auf sexuelle Minderheiten – massgeblich organisiert von islamfeindlichen christlichen Fundamentalisten – zustande kommt.
Hans Stutz, Tachles.