Strafverfahren gegen antiislamische Pfarrerin im Berner Seeland

Tages-Anzeiger vom 25.05.2012

Gegen eine Berner Theologin wird wegen Rassendiskriminierung ermittelt. Sie hatte eine Website verwaltet, auf der gegen den Islam gehetzt wird.

Mit dem Segen ihrer Vorgesetzten darf eine Pfarrerin weiterhin in einer Gemeinde im Berner Seeland predigen. Ihr jahrelanges – grösstenteils klandestines – Engagement in Netzwerken fanatischer Antiislamisten hat der Synodalrat der Kirchen Bern-Jura-Solothurn zwar Anfang Jahr kritisiert. «Als unvereinbar», so schrieb er damals, «mit der Stellung als bernische Pfarrerin wird ihre leitende Tätigkeit beim Internetblog Politically Incorrect bewertet, weil dieser zumindest in Teilen eine Islamhetze betreibt.»

Bei Politically Incorrect (PI), einem häufig frequentierten Forum deutschsprachiger Islamgegner, habe die Theologin eine «mitbestimmend-verantwortliche Funktion wahrgenommen». Die Berner Kirchenleitung hatte der Pfarrerin schon zuvor untersagt, weiterhin «an islamophoben und rechtsextremen Veranstaltungen in Deutschland» teilzunehmen. Trotzdem liess es die Kirchenführung bei einer erneuten Verwarnung bewenden.

Geheime Nebentätigkeit

Nun ist bekannt geworden, dass gegen die Pfarrerin auch eine Strafuntersuchung läuft. Vorgeworfen werden ihr Verstösse gegen die Antirassismus-Strafnorm sowie die Nichtverhinderung einer strafbaren Veröffentlichung. Es gilt die Unschuldsvermutung. Der Verteidiger der Beschuldigten wollte auf Anfrage keine Stellung nehmen.

Der «Tages-Anzeiger» hatte im vergangenen Jahr über die geheim gehaltene antiislamistische Nebentätigkeit der Pfarrerin berichtet. Nun hat die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern die TA-Redaktion aufgefordert, Unterlagen zur Rolle der Doktorin der Theologie bei PI herauszugeben. Der Verfügung muss der TA nicht nachkommen, weil Journalisten nur durch ihr Zeugnisverweigerungsrecht in solchen Fällen ihre Quellen schützen können.

Die Pfarrerin hatte die PI-Webseite über eine längere Zeit verwaltet und diese auch bezahlt. Umstritten blieb, inwieweit sie – eventuell unter Pseudonymen – selber diskriminierende Inhalte verfasst hat.

«Hetzerische Artikel»

Eine Untersuchung der Synode war zum Schluss gekommen, dass auf der PI-Website «herabwürdigende und hetzerische Artikel» publiziert würden. Der Berner Theologin selber könnten aber «keine eigenen hetzerischen Äusserungen gegen den Islam oder gar Hasspredigten» nachgewiesen werden.

Es dürfte der Kirchenleitung kaum bekannt gewesen sein, dass die Pfarrerin auch schon in englischer Sprache folgende Worte in die Kamera gesagt hatte, die auf der Website eines russischen TV-Senders dokumentiert sind: «Der Islam unterdrückt Frauen, missbraucht Kinder für Hasserziehung, bringt Homosexuelle um und verfolgt Juden.»