Scharmützel nur in Brunnen

NeueLuzernerZeitung

Der Nationalfeiertag auf dem Rütli verlief ruhig. In Brunnen gabs allerdings Zwischenfälle mit Skinheads.

von christoph reichmuth und robert knobel

«Das reissen wir heute alles noch runter» ­ dies sagte gestern ein deutscher Neonazi-Sympathisant und meinte damit die Tell-Bühnenskulpturen. Viel Lärm um nichts, wie sich herausstellen sollte. Die rund 400 Rechtsextremisten auf dem Rütli verhielten sich ruhig. Dennoch: Das Rütli war gestern Vormittag fest in der Hand der Kahlgeschorenen; gewöhnliche Touristen waren an einer Hand abzuzählen. Die liessen sich ihre Festfreude freilich nicht nehmen. Eine ältere Besucherin wähnte sich gar an einer offiziellen 1.-August-Feier. Die anschliessende Kampfrede von Jonas Gysin, Präsident der Partei National Orientierter Schweizer (PNOS), hätte allerdings schlecht zum offiziellen Teil gepasst. Er rief seine Zuhörer dazu auf, sich gegen eine angebliche Überfremdung der Schweiz zur Wehr zu setzen und die schweizerischen Traditionen aufrechtzuerhalten. «Wir werden mit allen Mitteln unserem Volkstod entgegenwirken», so die Parole. Letztlich waren die Äusserungen der insgesamt drei Redner aber doch nicht viel mehr als ein Geplänkel.

Megafon von der Polizei

Am Morgen bei der Ankunft der Rechtsextremen auf dem Rütli war die Polizei mit einem Grossaufgebot präsent gewesen. Doch das Aufeinandertreffen von Polizei und Skinheads verlief entspannt ­ man kannte sich offenbar und nutzte die Leibesvisitationen für einen kurzen Schwatz. Die Polizei stellte den drei Rednern sogar ein Megafon zur Verfügung, weil sie den Rechtsextremen verboten hatte, selber Megafone mitzubringen.

Einen Zwischenfall hatte es nur am Morgen in Brunnen gegeben. Dort kam es zu Scharmützeln mit Ordnungskräften, als diese einem Skinhead das Megafon wegnehmen wollte. Die Situation drohte kurzzeitig zu eskalieren. Die Beamten nahmen vorübergehend einen Mann fest, liessen diesen etwas später aber wieder frei. «Wir wollten auf jeden Fall verhindern, dass die Situation eskaliert», erläutert Herbert Planzer, Sprecher der Urner Kantonspolizei, die Strategie der Polizei. Dass die Rechtsextremen die Rütliwiese um 13.30 Uhr wie abgesprochen verlassen haben, zeige, «dass unsere Taktik die richtige war».

Erleichterte Judith Stamm

«Sehr zufrieden» war Judith Stamm, Präsidentin der Rütlikommission, mit dem Ablauf des gestrigen Tages. Sie war die Hauptrednerin an der offiziellen Rütlifeier, die wegen der «Tell»-Aufführung dieses Jahr nur kurz dauerte. «Die Freiheit des Einzelnen wird heute nicht mehr von der Obrigkeit bedroht», sagte Stamm mit Verweis auf Schillers «Wilhelm Tell». Unsere Freiheit würden wir uns vielmehr selbst bedrohen, beispielsweise durch Fremdenhass. Ein Fingerzeig für die rund 80 Skinheads, die geblieben sind, um «Wilhelm Tell» zu schauen. Die «Tell»-Aufführung verlief ohne Zwischenfälle.

Einen anderen «Zwischenfall» hatte es in der Nacht auf Samstag in Brunnen gegeben: Drei Frauen und drei Männer zwischen 17 und 28 Jahren wurden verhaftet. Sie werden verdächtigt, mehrere Gebäude mit Parolen gegen Rechtsextreme besprayt zu haben.