Rütli-Rede der Neonazis: Vom Internet ins Netz der Justiz

SonntagsZeitung

Anzeige der Urner Kantonspolizei wegen Verletzung des Antirassismusgesetzes

von Matthias Halbeis

Altdorf UR Die Kantonspolizei Uri hat den anonymen Redner am unbewilligten Aufmarsch auf das Rütli vom 5. August wegen Verletzung des Antirassismusgesetzes angezeigt. «Wir haben die Rede an das Verhöramt weitergeleitet», bestätigt Ruedi Huber, Chef der Urner Kriminalpolizei, Recherchen der SonntagsZeitung.

«Das Verhöramt muss nun entscheiden, ob und gegen wen ein Strafverfahren eröffnet wird», so Huber. Damit könnte das Treffen von rund 300 Neonazis auf dem Rütli am Sonntag nach der offiziellen 1.-August-Feier doch noch strafrechtliche Konsequenzen haben.

Die Sektion Willisau der Pnos stellte Redetext ins Internet

Die Rede, die möglicherweise das Antirassismusgesetz verletzt hat, wurde von einem Neonazi gehalten, der sich hinter dem Pseudonym «Renato» verbirgt. Er zielte direkt auf das Antirassismusgesetz: «Wir leben in einer Zeit, in der die Lüge regiert. Auch das Antirassismusgesetz wurde nur dafür installiert, um eine geschichtliche Lüge zu stützen und dem Schweizer das Aussprechen der Wahrheit zu verbieten.» Mit der «geschichtlichen Lüge» wird in Neonazi-Kreisen häufig der Holocaust bezeichnet.

Dass «Renato» diese Formel nicht zufällig verwendet hat, zeigt eine andere Passage der Rede: Der anonyme Rechtsextreme äusserte sich auch über Philippe Brennenstuhl, der zuvor die erste Rede auf Französisch gehalten hatte: «Wenn man bedenkt, was Philippe alles an Repressionen und Schikanen durchmachen musste, um für die Wahrheit zu kämpfen, danken wir ihm.» Was «Renato» über Brennenstuhl und dessen «Wahrheit» nicht sagte: Der Romand ist ein bekannter Holocaust-Leugner und wurde rechtskräftig zu einer unbedingten Gefängnisstrafe verurteilt. Bei der antisemitischen Vereinigung Vérité & Justice war er im Vorstand.

Dass die Polizei überhaupt tätig werden konnte, haben sich die Rechtsextremen selbst zuzuschreiben. Vor kurzem stellte die Willisauer Sektion der rechtsextremen Partei Pnos den Redetext von «Renato» ins Internet. Damit war auch für Aussenstehende nachvollziehbar, was die Extremisten am 5. August auf dem Rütli wirklich gesagt hatten. Die Pnos-Sektion Willisau hatte schon den Aufruf für das unbewilligte Treffen lanciert. Zudem waren ihre Exponenten für verschiedene Aktivitäten gegen die offizielle Rütlifeier am 1. August verantwortlich.