Reichsbürgeranlass in Uzwil: Vertreter des «Königreichs Deutschland» veranstalten einen Vortrag über die Gemeinwohl-Strukturen in ihrem Fantasiestaat

St.Galler Tagblatt. Vertreter aus der deutschen Reichsbürgerbewegung haben in Uzwil eine Veranstaltung organisiert. Das «Königreich Deutschland» ist ein fiktiver Staat in Sachsen-Anhalt. Dessen selbst ernannter König ist mehrfach vorbestraft.

Gemäss dem Recherchekollektiv «Element» fand am Samstagabend in Uzwil ein Vortrag von Vertretern des Reichsbürgerscheinstaates «Königreich Deutschland» (KRD) statt. Element informierte auf Twitter über mehrere geplante Veranstaltungen des KRD in der Schweiz.

Gemäss Element ist das KRD «mit Neonazis und Querdenkern vernetzt» und hat unter anderem auch Kontakte in der rechts-esoterischen Anastasia-Bewegung. Der Bildungsrat des Kantons St. Gallen bewilligte dieses Jahr eine Schule in Uznach, die mit der Anastasia-Sekte in Verbindung stehen soll.

Selbsternannter «König von Deutschland»

Das KRD beschreibt sich auf seiner Website als «Vereinigung freiheitsliebender und gemeinwohlorientierter Menschen». Es stehe für einen «Neuanfang des deutschen Staates» und biete «praktische Lösungen für alle aktuellen systemischen, menschlichen und gesellschaftlichen Probleme». Das KRD sei eine «Basisdemokratie in Verbindung mit einer Räterepublik und einem repräsentativen ­König».

Der selbst ernannte «König» des Fantasiestaates, der sich in Sachsen-Anhalt befindet, ist Peter Fitzek. Dieser ist mehrfach vorbestraft, unter anderem weil er jahrelang eine eigene Bank und mehrere – nicht zugelassene – Versicherungen betrieb. Aufgrund seiner Aktivitäten wird Fitzek vom sächsischen Verfassungsschutz beobachtet.

In Uzwil ist nicht Fitzek als Redner aufgeführt, sondern einer der «lizenzierten» Vortragsredner des KRD. In dessen Vorträgen geht es gemäss der KRD-Website nebst einer «kurzen Darlegung der aktuellen Situation und dem nötigen Wandel» unter anderem darum, den Anwesenden die im KRD bereits bestehenden «Gemeinwohl-Strukturen» näherzubringen. Ziel sei es, zu zeigen, wie man «eine freie Zukunft mit lebenswerten Perspektiven» aufbaut. Eine Zukunft, «in der sich alle frei entwickeln, in ihre volle Schöpferkraft und persönliche Entfaltung gelangen können».

Gemäss dem Recherchekollektiv Element ist die Vortragsreihe eine Geschäftsidee des Esoterik-Unternehmers Marco Rossi. Rossi organisiert unter anderem die «Wohlfühltage» in der Messe Luzern. Dort sollte diesen September auch Peter Fitzek als Referent auftreten, was für einigen Wirbel in der Region sorgte. Allerdings teilten die Veranstalter wenige Tage vor seinem Auftritt via Facebook mit, dass der Auftritt abgesagt sei.

Polizei bekam nichts mit

Ob der Vortrag in Uzwil tatsächlich stattgefunden hat, ist unklar. Der genaue Ort wurde nur den angemeldeten Personen kurz vor Veranstaltungsbeginn mitgeteilt. Die Kantonspolizei sagt auf Anfrage, dass sie in diesem Zusammenhang keinen Einsatz gehabt und keine anderen Auffälligkeiten in Uzwil beobachtet habe. Und ohnehin ist es fraglich, ob sie etwas hätte unternehmen können.

So wie im vergangenen Juni, als die Kantonspolizei St.Gallen ein Konzert eines rechtsextremen Netzwerks in Kaltbrunn verhindert hatte. Das Verbot konnte dank des vor zwei Jahren neu geschaffenen Nachtrags Artikel 50quarter zum Polizeigesetz ausgesprochen werden. Dieser wurde als Reaktion auf einen ähnlichen Vorfall im Kanton St.Gallen im Sommer 2020 in Kraft gesetzt.

Im Oktober 2016 pilgerten über 5000 Rechtsextreme aus halb Europa nach Unterwasser für ein Rechtsrock-Konzert. Es handelte sich um einen der grössten Neonazi-Aufmärsche, der je in der Schweiz stattfand.

Doch die Hürden, Veranstaltungen im öffentlichen Raum zu verbieten, sind hoch. Dies kann nur geschehen, wenn diese «nicht mit der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung vereinbart werden können und dadurch das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung massgeblich beeinträchtigen». Auf privatem Grund sind die Anforderungen für ein entsprechendes Verbot nochmals erheblich strenger.