Pnos-Politiker als Redner an deutscher Neonazi-Demo

NZZ am Sonntag vom 25.4.2010

Der Vorsitzende der Basler Sektion der Partei National Orientierter Schweizer soll als Referent an einer Kundgebung im Neonazi-Umfeld in Süddeutschland auftreten.

Andreas Schmid

Rechtsextreme deutsche Gruppierungen mobilisieren für eine Demonstration unter dem Motto «Kapitalismus bedeutet Krieg!» am 1. Mai in Schweinfurt. Zu den eingeladenen Rednern gehört der Schweizer Philippe Eglin, der die Basler Sektion der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) leitet. Neben ihm sollen in Bayern die einschlägig bekannten Neonazis Gottfried Küssel aus Wien und Dennis Giemsch aus Dortmund sprechen. Weitere vorgesehene Gastreferenten sind Daniel Knebel von der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) sowie der Publizist Jürgen Schwab, der mehrfach in Berichten des deutschen Verfassungsschutzes auftaucht.

Sein Auftritt in diesem Umfeld sei durch eine Einladung aus der NPD eingefädelt worden, sagt Eglin. Dass neben ihm in Schweinfurt Neonazis und Revisionisten als Redner engagiert wurden, hält den Baselbieter Pnos-Vorsitzenden nicht von einer Teilnahme ab: «Ich habe mich nicht mit den Personen auseinandergesetzt und kenne die meisten anderen Gäste nicht.» Er werde hingehen, zumal die NPD, von der er angefragt worden sei, «eine Heimatpartei ist wie die Pnos und sich von Neonazis distanziert». Die nationale Parteispitze sei informiert, dass er am 1. Mai nach Schweinfurt reisen werde, und habe nichts dagegen, betont Eglin. Der Präsident der nationalen Pnos, Dominic Lüthard, bestätigt: «Es ist jedem freigestellt, wo er sprechen will.» Dass in Schweinfurt mehrere berüchtigte Neonazis als Referenten eingeladen worden seien, wisse er nicht.

Der 22-jährige Eglin war bereits im vergangenen November in die Schlagzeilen geraten, als ihm seine damalige Arbeitgeberin Novartis kündigte, weil sich Eglins öffentlich vorgebrachte politische Ansichten nicht mit der Ethik des Konzerns vereinbaren liessen. Der Pnos-Sektionspräsident war als Redner an Anlässen Rechtsradikaler aufgefallen und auch ins Visier der Justiz geraten, weil er auf der Homepage der Partei die Authentizität des Anne-Frank-Tagebuchs bestritt – das Verfahren wegen Verstosses gegen den Antirassismus-Artikel läuft noch.

In Schweinfurt wolle er eine Rede halten, die den Kapitalismus kritisiere, sagt Eglin. «Es ist eine Ansprache über die Wirtschaft.» Ob es so weit kommt, ist noch unklar, denn die Stadt Schweinfurt hat die Demonstration untersagt, weil sie die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährde. Gegen das Verbot wehren sich die Organisatoren beim Verwaltungsgericht in Würzburg.

Inzwischen wirbt ein «Bündnis für Demokratie und Toleranz» unter dem Titel «1. Mai Nazifrei!» für eine Gegenkundgebung am Tag der Arbeit in Schweinfurt. «Faschisten» versuchten, die Wirtschaftskrise für ihre «menschenfeindliche Ideologie» zu nutzen. Das Bündnis wolle die «Nazis» am 1. Mai stoppen, heisst es im Aufruf.