PNOS-Anführer zu Gefängnisstrafe verurteilt

Der Bund

Als Folge einer Gewaltnacht in Langenthal erhalten der «Stützpunktführer» der rechtsextremen Partei PNOS und sein Bruder 20 und 8 Tage Gefängnis bedingtEine Horde Rechtsextremer demolierte vor zwei Jahren das Langenthaler Kulturzentrum Lakuz und griff eine türkische Familie an. Unter ihnen war Pascal Lüthard, heute «Stützpunktführer» der Partei National Orientierter Schweizer.stefan von below

Auf dem Foto sieht er aus wie ein Autoverkäufer. Mit Anzug, Krawatte und Gel im Haar lächelte Pascal Lüthard nach den Langenthaler Gemeindewahlen vom Sonntag in die Kameras («Bund» vom Dienstag). Erstmals in der Schweiz war mit Tobias Hirschi ein Rechtsextremer in ein Gemeindeparlament gewählt worden ? für Lüthard, «Stützpunktführer» des Berner Zweigs der Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) ein Anlass zur Freude. Gestern hatte Lüthard weniger zu lachen. Zusammen mit seinem Bruder musste er in Aarwangen vor dem Strafeinzelrichter Roland Richner erscheinen. Zur Beurteilung standen die Ereignisse der Nacht vom 20. auf den 21. September 2002.

Verwüstungstour mit Verletzten

Nach einer Geburtstagsparty waren damals rund 30 Rechtsextreme zu einer Verwüstungstour durch Langenthal aufgebrochen, wobei sie das Jugendkulturzentrum Lakuz kurz und klein schlugen. Nach weiteren Sachbeschädigungen im Stadtzentrum zogen die Skinheads zum Spital, um einen verletzten Kameraden abzuholen. Dort griffen sie eine türkische Familie an, die sich im Spital von einem sterbenden Familienmitglied verabschiedet hatte. Erst gegen sechs Uhr morgens beruhigte sich die Lage. Bilanz: Drei Verletzte und mehrere zehntausend Franken Sachschaden. Sowohl rechte als auch linke Beteiligte an der Auseinandersetzung hätten später Strafmandate erhalten, sagte Richter Richner gestern. Die meisten Fälle seien inzwischen erledigt. Einzig Lüthard und sein Bruder hatten sich dazu entschieden, ihre Strafmandate ? 800 Franken Busse und acht Tage Gefängnis bedingt bei Lüthard, 700 Franken Busse bei seinem Bruder ? auf gerichtlichem Weg anzufechten.Dass sie mit von der Partie waren, bestritten die beiden nicht. Sie hätten sich aber nicht in dem Mass an den Gewalttaten beteiligt, wie ihnen vorgeworfen werde. Lüthard bestritt namentlich, bei der «grossen Verwüstung» des Lakuz dabei gewesen zu sein. Auch bei der Schlägerei beim Spital sei er «erst ganz am Schluss» gekommen, als «alles schon fast vorbei» gewesen sei. Der Eindruck des Richters, dass er die «Hauptverantwortung für das Drama» zu tragen habe, sei allerdings «nicht völlig falsch», antwortete er auf eine entsprechende Frage. Sein Bruder wiederum wollte «nie näher als 30 oder 40 Meter» zum Lakuz gekommen sein. Vor dem Spital habe er zwar zugeschlagen, aber erst, als er von einem Türken angegriffen worden sei. «Das war ganz klar Notwehr.»

Neuerdings Politik statt Gewalt

Beide versicherten, ihre Ziele heute auf politischem Weg erreichen zu wollen? «selbstverständlich mit demokratischen Methoden», wie Lüthard auf richterliche Nachfrage hinzufügte. Eine berechtigte Frage, hat sich die PNOS doch die Abschaffung der Demokratie zum Ziel gesetzt. «Wir werden uns das Recht der Demokratie nehmen, um unsere Meinung durchzusetzen», erklärte Lüthard ? auch wenn er «nicht der Erfinder der Demokratie» sei. Sein Bruder fügte hinzu, sie lebten nun einmal in einem demokratischen System. «Ob man das gut oder schlecht findet, ist jedem freigestellt.»Richner schien den Bekenntnissen zur Gewaltlosigkeit Glauben zu schenken ? jedenfalls stellte er den Angeschuldigten eine gute Prognose aus und sprach infolgedessen bloss bedingte Strafen aus. Beide hätten eine «Wandlung durchgemacht» und seien «älter und vernünftiger geworden». Nichtsdestotrotz sei Lüthard als Hauptverantwortlicher für die Ereignisse vor zwei Jahren zu betrachten. «Ohne ihn wäre die Sache nicht so verlaufen.» Die Beteiligung am Raufhandel beim Spital lasse sich jedoch nicht nachweisen. Wegen der übrigen Delikte ? Raufhandel, Landfriedensbruch, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung ? wurde er zu 20 Tagen Gefängnis bedingt und 800 Franken Busse verurteilt. Zudem muss er 800 Franken an die Verfahrenskosten bezahlen.Lüthards Bruder wurde wegen Raufhandels und Landfriedensbruchs zu acht Tagen Gefängnis bedingt und 700 Franken Busse verurteilt. Er muss 700 Franken Verfahrenskosten bezahlen. Der Hausfriedensbruch und die Sachbeschädigung im Lakuz liessen sich nicht beweisen, so Richner. Im Sinne eines «Damoklesschwerts» setzte er die Probezeit auf drei statt zwei Jahre an, was das gesetzliche Minimum wäre. Im Anschluss an die Verhandlung erklärte Lüthard, er akzeptiere das Urteil. Sein Bruder hingegen will «sehr wahrscheinlich» dagegen appellieren.Bereits am Dienstag war im freiburgischen Tafers ein PNOS-Mitglied wegen eines Flugblatts gegen die Errichtung eines Zentrums für Asylsuchende zu einer Busse von 500 Franken verurteilt worden.