Parteien und Juristen wollen keine Bussen bei Hiltergruss

 

Newsnetz vom 20.10.2009

Negative Reaktionen auf den bundesrätlichen Vorschlag für eine Verschärfung der Antirassismus-Strafnorm. Strafen lösten keine Probleme.

 

Bestraft werden soll laut dem Vorschlag des Bundesrats, wer öffentlich rassistische Symbole – insbesondere aus der Zeit des Nationalsozialismus – verwendet und verbreitet. Strafbar wäre aber auch die Herstellung solcher Symbole, deren Ein- und Ausfuhr respektive das elektronische Speichern von Kopien von Vorlagen, Texten oder Bildern. Der Bundesrat hatte seine Vorschläge zur Vernehmlassung vorgelegt.

Die Demokratischen Juristen und Juristinnen Schweiz (DJS) verlangen vom Bundesrat, die Verschärfung der Antirassismus-Strafnorm zurückzuziehen. Rassistische Strömungen in der Gesellschaft gingen weit über rechtsextreme Gruppierungen und die bekannten Subkulturen hinaus, begründeten sie ihre Haltung.

Randgruppe im Visier

Im Visier der vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen stehe lediglich eine Randgruppe. Für die DJS ist das Strafrecht nicht das geeignete Mittel, um rassistische und rechtsextreme Strömungen wirksam zu bekämpfen.

Keine politische, aber sachliche Kritik bringt die Konferenz der Strafverfolgungsbehörden der Schweiz (KSBS) ein: Einige der geplanten Bestimmungen seien nur schwer anzuwenden. In den Grauzonen sei ein Abweichen der Meinungen nicht vermeidbar, sagt der Waadtländer Generalstaatsanwalt Eric Cottier namens der KSBS. Die Konferenz stört sich auch an der Busse als Sanktion. Nach ihrer Auffassung müsste die Verwendung rassistischer Symbole als Vergehen mit Geldstrafen von wenigstens 180 Tagessätzen geahndet werden.

In der Familie und der Schule verhindern

Auch die Parteien lehnen die Änderung des Strafrechts ab. Niemand sei ernsthaft dagegen, Rassismus zu bekämpfen, schrieb die FDP. Sie spricht von einem gesellschaftlichen Problem und setzt mehr auf Prävention als auf Repression. Das Strafrecht verhindere und ahnde rassistische Diskriminierung nicht genügend, finden die Freisinnigen. Eine Bekämpfung müsse in der Familie, in der Schule und im Alltag geschehen. Gleicher Meinung sind die Grünen. Sie erinnern daran, dass die EU schon 2005 auf ein generelles Verbot von Nazi-Symbolen verzichtet habe.

Ein Nein kommt auch von der SVP. Sie argumentiert mit Rechtsunsicherheit und freier Meinungsäusserung. «Politische Korrektheit» kenne viele und oft durch die Medien verstärkte Fürsprecher. Ein harmlos scheinendes Zeichen könne in der öffentlichen Meinung unversehens zum rassistischen Symbol werden.

Kantone gespalten

Die SVP befürchtet darum, dass das Gesetz zum Maulkorb für Karikaturisten, Zeichner oder Plakatgrafiker werden und damit die öffentliche Diskussion behindern könnte. In einer aufgeklärten Gesellschaft müsse das Argument über Verbote triumphieren. Die CVP äusserte sich nicht zu der Vorlage. Eine Stellungnahme der SP war noch ausstehend.

Auch einige Kantone äusserten sich zur Vorlage. Thurgau, Schaffhausen und Graubünden wollen die Verbreitung rassistischer Symbole unter Strafe stellen. Ein Nein kommt dagegen aus Zürich und aus Basel-Stadt. Halte der Bund an der verschärften Strafnorm fest, brauche es eine laufend aktualisierte Datenbank mit allen bekannten, der Strafnorm unterstehenden Symbolen, forderte die Zürcher Regierung.

Â