Neonazis: Die Melser wehren sich

Blick

VON CLAUDIO AGUSTONI UND URS MOSER MELS SG – Ein Dorf hat Angst – und wehrt sich! 600 Neonazis pilgerten am Samstagabend in den «Löwen»-Saal. «Das wollen wir nicht dulden!», sagt der Melser Gemeindepräsident Markus Zimmermann (36). Auch das Bundesamt für Polizei ist besorgt. Das beschauliche Dorf in der Ferienregion «Heidiland» gerät einmal mehr wegen Neonazis in die Schlagzeilen. Diesmal trafen sich 600 Rechtsradikale aus der Schweiz, Deutschland und Österreich zum heiteren Konzertabend im «Löwen»-Saal, wo die Gemeinde an fast jedem zweiten Wochenende Bürgerversammlungen und Vereinsanlässe durchführt. «Ich wusste von überhaupt nichts», sagt Zimmermann. Er wehrt sich: «Solche Anlässe sind für uns und die Region alles andere als erfreulich.» Schon heute wird der Gemeinderat über die künftige Nutzung des Saales entscheiden. Von einer Schliessung bis zu Nutzungsrichtlinien sei alles möglich. Zimmermann: «Für den Pächter des ÐLöwenð wird das Ganze ein Nachspiel haben.» Pächter ist Guido B. Er weist jede Schuld von sich: «Ich habe nicht gewusst, wer den Saal nutzt. Als ich es merkte, war es zu spät. Ich hatte Angst, dass es bei einer Absage zu Randalen kommen könnte.» Die St. Galler SP will das Thema aufs politische Parkett tragen. Parteisekretärin Barbara Gysi (36): «Es darf nicht sein, dass Rechtsradikale unbehelligt eine Party abhalten können.» Auch in der Melser Bevölkerung wird die Veranstaltung nicht goutiert. «Pöstli»-Wirt Marc Cathomen (49): «Wir haben jetzt schon einen schlechten Ruf. Die Gemeinde muss durchgreifen!» Peter Ackermann (20): «Diese Entwicklung kann ausarten, wenn sich herumspricht, dass solche Anlässe geduldet werden. Mels leidet darunter. Die Menschen bekommen Angst.» Marjan Bakovic (25): «Das schadet dem Ruf vom Dorf. Ich bin Ausländer und fühle mich hier wohl.» Die Schweiz läuft Gefahr, zum europäischen NeonaziZentrum zu werden. «Die internationale Szene weicht vermehrt auf die Schweiz aus», sagt Jürg Bühler vom Bundesamt für Polizei. Der Grund: In der Schweiz ist das Antirassismus-Gesetz die einzige Handhabe, während in Deutschland zum Beispiel die Gruppierung «Blood & Honour» verboten ist. Am samstäglichen Treffen in Mels war sie vertreten.