Michel L. (24): Ein Neonazi spaltet Langendorf

Blick

VON PHILIPPE WELTI

LANGENDORF SO – Das ganze Dorf zittert vor Michel L. (24). Im Sommer veranstaltet er Grillpartys mit Rechtsextremen. Jetzt hetzt er mit Flugblättern gegen Lokalpolitiker.

Lehrlinge rasieren sich die Schädel, Schüler erscheinen plötzlich in Kampfstiefeln. Still und heimlich ist aus dem beschaulichen Solothurner Vorort Langendorf eine Hochburg des Rechtsextremismus geworden. Vor einer Woche veranstaltete die Schule einen Informationsabend zum Thema Rechtsextremismus. Anwesend auch Michel L. Er trägt in den Augen vieler Dorfbewohner die Schuld an der Entwicklung.

Der Rechtsextreme Michel L. wohnt in diesem Haus in Langendorf Eine Mutter: «Auf dem Pausenplatz rekrutierte er im letzten Sommer seine Anhänger.» Andere Eltern bestätigen dies. «Er beeinflusst unsere Kinder mit seinen Nazi-Ideen», klagt eine Quartierbewohnerin. L. verweigert dazu jegliche Stellungnahme. BLICK weiss: L. ist ein einschlägig vorbestrafter Sozialhilfeempfänger. Und er ist bekennender Rechtsextremist. L. versteht sich als Teil eines «nationalen Widerstandes». Zu sei- nen Gesinnungsfreunden zählt er auch den Rütli-Randalierer Pascal Lobsiger. Dieser ist der Götti von L.?s Tochter Freya und ein gern gesehener Gast an den berühmt-berüchtigten Grillpartys im Garten des Sozialhilfeempfängers.

Im Internet zeichnete L. noch vor zwei Tagen mit seinem Namen und machte seinem Ärger über die Stimmung im Dorf Luft. Heute bleibt er lieber anonym und droht: «Die nationale Jugend in Langendorf ist nicht mehr bereit, die Lügen und Hetzkampagnen widerspruchslos hinzunehmen.»

Am Wochenende hat die Gruppierung um L. in den 3500 Haushalten Langendorfs Flugblätter verteilt. Darauf werden Gemeindepräsident Rolf Rossel und Dorfpolitiker Roland Frei (42) als «Demokraten» beschimpft und der Lüge bezichtigt. Der Grund: Frei hatte sich am Informationsabend der Schule klar gegen die Rechtsextremen im Dorf gestellt. Rossel will die Angriffe nicht hinnehmen: «Ich bin gegen jeglichen Extremismus und reiche Strafanzeige ein.»

Foltermord am Thunersee: Niemand kann die Tat verstehen

UNTERSEEN BE – Ein Dorf steht unter Schock: Niemand in der Berner Oberländer Gemeinde Unterseen versteht, warum Marcel von Allmen (19) sterben musste. Gemeindepräsident Simon Margot (53), ehemaliger Lehrer von Allmens: «Marcel war ein lebensfroher, überall beliebter Kerl.»

Noch sind die Hintergründe nicht geklärt. Peter Abelin von der Berner Kapo: «Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen.» Aber: Die vier verhafteten jungen Männer sitzen nach wie vor in Untersuchungshaft. Darunter auch M.M. (22), der in von Allmens Nachbarschaft bei seinen Eltern wohnt. M.M.?s Nachbarin zu BLICK: «Ich kann mir nicht vorstellen, dass er etwas mit von Allmens Tod zu tun hat.» Simon Margot: «Von einer Abrechnung im rechtsextremen Milieu wird gesprochen. Dass eine solche Szene bei uns existiert, halte ich aber für unwahrscheinlich.»

GABRIELA BRAUN UND THOMAS HEER