Skinhead Marcel ermordet – Neonazi-Kumpels verhaftet

SonntagsBlick

Gefoltert, gefesselt, ertränkt

VON SANDRO BROTZ UND MARKUS STEUDLER

UNTERSEEN BE – Grausamer Mord in der Schweizer Neonazi-Szene:Marcel von Allmen (19) wurde gefoltert und mit Gewichten an denFüssen in den Thunersee geworfen. Vier seiner Kollegen sitzen in Haft -darunter der Anführer einer neuen Skinhead-Gruppe.

Marcel von AllmenSeit Ende Januar galt von Allmen alsvermisst. Am vergangenen Donnerstag wurdeseine Leiche im Thunersee entdeckt. Der Körperwurde von einer Strasse aus in den Seegeworfen – 80 Meter tief einen Abhang hinunter.Polizeitaucher fanden die Leiche in der Nähe derBeatushöhlen in einer Tiefe von sechs Metern.Laut Kantonspolizei Bern ist Marcel von Allmenauf «brutale Weise» miss-handelt worden. NachSonntagsBlick-Informationen waren an denFüssen des Opfers Gewichte befestigt. DiePolizei wollte sich dazu nicht äussern. Sie teiltegestern die Verhaftung von vier Schweizern imAlter zwischen 17 und 22 Jahren mit. «Diejungen Leute stehen unter dringendemTatverdacht», sagt Polizeisprecher MarkusSchneider.
Die Beamten schlugen am Freitagabend zu:Mindestens zwei der vier jungen Männer wurden in der «Hüsi»-Bar inInterlaken – einer Stammbar des Opfers – festgenommen. Alle vier stammenaus dem «Bödeli»-Quartier in Unterseen. Unter ihnen auch Plattenleger M.M.*(22). «Die Verhaftung meines Sohnes hat mich wie ein Blitz aus heiteremHimmel getroffen», erzählt der Vater.

Bei der Durchsuchung des Zimmers von M. M. stiess die Polizei auch aufVideos über den Zweiten Weltkrieg. «Er war seit Monaten daran, eineSkinhead-Gruppierung aufzubauen», weiss ein ehemaliger Schulkollege.Zusammen mit dem ebenfalls inhaftierten M. S.* wollte er auch einenrechtsextremen Versandhandel aufziehen. «Sie hatten bereits eineBestellliste für Springerstiefel, Hakenkreuzkettchen und Hitler-Videos imUmlauf», erzählt ein Bekannter. Marcel von Allmen sollte neue Mitglieder für die Neonazi-Gruppierung undKaufinteressenten für den Versandhandel anwerben. «Er war ein Mitläufer»,heisst es in Unterseen. «Er war ein guter Kumpel, konnte vor allem gutzuhören», erzählt ein ehemaliger Kollege aus dem Unihockey-Klub. Unddennoch: «Er hatte ständig Streit mit Ausländern und prügelte sich.» In die rechtsextreme Szene sei von Allmen im letzten Sommer nach demRütli-Aufmarsch geraten. «Er veränderte sich immer mehr.» Sein Arbeitgeberwill davon nichts mitbekommen haben. «Marcel war ein anständiger undhilfsbereiter Typ», sagt sein Chef. Im August hätte von Allmen dieLehrabschlussprüfung als Sanitärinstallateur absolvieren sollen. Doch nun istMarcel tot: Er wurde gefoltert, gefesselt und ertränkt.

*Alle Namen der Redaktion bekannt