«Es gibt rechtsradikaleKreise»


Die Winterthurer Stadtpolizeiräumt ein, dass es in ihrer Stadt rechtsradikale Kreise gäbe.Es handle sich um sehr junge Leute, erklärt Peter Gull vom Mediendienstder Stadtpolizei, zu denen man bereits Kontakte gesucht und auch gefundenhabe. Man habe dabei festgestellt, dass die vorwiegend jungen Leute wenigeraus politischen Motiven heraus agieren. Mit den «Jungnationalen»,die Ende der achtziger Jahre landesweit auf sich aufmerksam gemacht hatten,als sie einen Neonazi-Kongress in Winterthur organisierten, hättendie Vertreter der aktuellen Szene nichts zu tun. Dass Winterthur aber einProblem mit rechtsextremen Gruppierungen hat, lässt sich dennoch nichtvon der Hand weisen und wird auch vom Stadtrat inzwischen anerkannt.

Die Initianten der Demonstrationbetrachten das Problem wesentlich gravierender als die Stadtpolizei. Ineinem mehrseitigen Fax an die Medien spricht die IG gegen rechtsextremeGewalt von einer unzulässigen Bagatellisierung. Die Übergriffewürden als Schlägereien unter Jugendbanden abgetan. Auf einerein individuelle Motivation der Täter zur Gewalt zu verweisen, würdezu kurz greifen, so die IG in ihrer Mitteilung. Die Szene sei organisiertund unterhalte Kontakte zu auswärtigen Gruppen.

Aus Angst vor Übergriffen

Die Interessengemeinschaftmöchte ihre Mitglieder nicht öffentlich machen. Sie bezeichnensich als «gesellschaftlich und kulturell engagierte Personen»und «ausserparlamentarisch». Auf die Versuche einer Kontaktnahmeüber eine Faxnummer meldet sich eine Person, die erklärt, wedereiner politischen noch ideologischen Gruppierung anzugehören: «Wirsind einfach Leute, die in Winterthur gerne ausgehen.» Es sei ihnenaufgefallen, dass seit vergangenem Herbst die Rechtsradikalen plötzlichvermehrt in Gruppen auftreten würden. Aufgrund der Autonummern liessesich eine ausserkantonale Herkunft herleiten und damit annehmen, die Skinheadsund Neonazis seien organisiert. Die IG habe sich, so die Kontaktperson,die aus Angst vor Übergriffen ihren Namen nicht preisgeben will, aufgrundder jüngsten Vorfälle spontan konstituiert und bestehe aus ungefährzehn Personen: «Wir wollen, dass das Problem öffentlich wird.»

Bewilligte Demonstration

Aufrufe zu Demonstrationengegen rechtsextreme Gewalt in der Stadt Zürich stammen gemeinhin ausdem Lager der linksautonomen, ebenso gewaltbereiten Szene. Anders in Winterthur:Weil es sich bei den Gesuchstellern offensichtlich nicht um Angehörigeder autonomen Szene handle, sei die Demonstration bewilligt worden, istvon der Winterthurer Stadtpolizei zu vernehmen. «Aber eine verbindlicheAussage können wir nicht machen», schränkt Peter Gull ein.

Bis zu 500 Leute werden erwartet

Die Polizei geht von einemAnlass mit 200 bis 300 Personen aus. Die Initianten rechnen gar mit biszu 500 Teilnehmern. «Allerdings kursieren bereits Flugblätterdes rechten Flügels, die zu einer Gegendemonstration aufrufen»,erklärt Gull. Trotzdem will die Stadtpolizei «wie üblich»vorgehen und Massnahmen nur im Rahmen des Bisherigen ergreifen. Von Gegenveranstaltungenweiss der Informant der IG zwar nichts: «Aber wir haben keine Angst.Es werden genug Leute da sein und genug Polizisten, damit nichts passiertund die Sache friedlich abläuft.»

RONALD SCHENKEL