Landbesitzer will Festival von Corona-Skeptikern verhindern

Der Bund. Im August soll auf dem Schwand ein grosses Treffen der massnahmenskeptischen Bewegung stattfinden. Ein Landwirt fühlt sich getäuscht.

Schlechte Nachrichten für alle Schnäppchenjäger: Early-Bird-Tickets für das erste «Freedom Festival» in Münsingen waren nur bis Ende Mai erhältlich. Nun kostet der Dreitagespass nicht mehr schlappe 159 Franken, sondern 199 Franken. Eintagestickets sind für 79 Franken zu haben.

Als Gegenleistung winkt ein Klassentreffen von Corona-Skeptikern, Massnahmenkritikerinnen, Verschwörungsgläubigen und Staatsverweigerinnen. Es soll vom 18. bis zum 20. August auf dem Münsinger Schwand stattfinden – wenn es denn überhaupt stattfindet.

Denn der Landbesitzer, der das Gelände zur Verfügung stellt, versucht alles, um den Anlass zu verhindern. Er heisst Urs Siegenthaler, betreibt auf dem Schwand zusammen mit seiner Frau Tanja Siegenthaler Sigis Biohof. Er ist Mitglied der Grünen und sitzt im Gemeindeparlament.

Am Dienstag dieser Woche sagte Siegenthaler auf Anfrage dieser Zeitung nur, dass er mit der Gemeinde in Kontakt stehe. Aus seiner Reaktion ging hervor, dass er wohl nicht genau wusste, wer hinter dem Anlass steht – und wer alles daran teilnehmen soll. 

900 Personen erwartet

Das «Freedom Festival» wird vom «Free Economic Forum» von Bernhard Klimczyk aus dem Kanton Baselland organisiert. Als «Festival-Götti» fungiert die «Atlas-Initiative» des deutschen Unternehmers Martin Krall. Dieser hatte gemäss der deutschen Wochenzeitung «Zeit» Kontakt mit einer Gruppe von Reichsbürgern, die in Deutschland einen Umsturz plante.

Krall soll auch an einem Podiumsgespräch teilnehmen, zusammen etwa mit Vertreterinnen und Vertretern von «Aktionsbündnis Urkanton», «Aufrecht Schweiz» oder «Verfassungsbündnis Schweiz».

Unterstützt wird das Open Air von Gruppierungen wie der staatskritischen «Libertären Partei» oder dem «Team Freiheit», das sich aus Mitgliedern von Jungfreisinn und Junger SVP zusammensetzt und während der Pandemie den Lockdown «stoppen» wollte. Auch die Freiheitstrychler machen als Partner mit.

Mit einem Stand präsent sein wird die Graswurzle-Bewegung. Wie diese Zeitung kürzlich berichtete, steht sie in Verbindung mit einer alternativen Schule und hegt Kontakte zur Staatsverweigerer-Szene. 

Anfang dieser Woche wurde das «Freedom Festival» auch noch im Veranstaltungskalender von Schweiz Tourismus aufgelistet – was dem Anlass einen seriösen und touristisch wertvollen Anstrich verleiht. Auf Nachfrage dieser Zeitung stellte die Tourismusorganisation klar, dass die Einträge von den Veranstaltern oder touristischen Anbietern stammen. Diese seien auch für den Inhalt verantwortlich. Schweiz Tourismus kontrolliere diese Einträge nicht systematisch. «Unsere verantwortliche Mitarbeiterin führt aufgrund der grossen Menge lediglich Stichproben durch, weshalb Veranstaltungen ohne touristische Relevanz nicht immer sofort entdeckt und entfernt werden.» Das «Freedom Festivals» wurde nun allerdings gelöscht. «Die touristische Relevanz ist natürlich nicht vorhanden.» (rei)

Auch an Musik fehlt es nicht. Angekündigt sind Auftritte etwa von Sam Moser, der während der Corona-Pandemie mit dem Song «’s Mass isch voll» eine Hymne für die Skeptikerbewegung lieferte. Oder von der Reggaeband Lauwarm, die vor einem Jahr erst mit einem abgebrochenen Konzert in der Lorraine und dann mit einem Auftritt bei einem «Weltwoche»-Fest in die Schlagzeilen geriet.

Ausserdem im Programm: Foodstände, DJs, eine Bauernhof-Olympiade mit Sackhüpfen und Hufeisenwerfen – gesponsert von der «Free Cities Foundation», die sich für selbst verwaltete Städte einsetzt. Am dreitägigen Festival werden 900 Personen erwartet.

Bauer macht Irrtum geltend

Die Durchführung ist allerdings alles andere als sicher. Gemeindepräsident Beat Moser (Grüne) steht im Kontakt mit Siegenthaler. Als dieser im Februar den Vertrag unterzeichnete, sei er von einem anderen Anlass ausgegangen. Siegenthaler versuche nun, vom Vertrag zurückzutreten, weil ein Irrtum vorliege.

Offenbar fand bei Sigis Biohof aber bereits im letzten Sommer ein Anlass statt, hinter dem das «Free Economic Forum» stehen könnte. Dabei handelte es sich um ein Bitcoin-Festival. «Die Bitcoin-Community trifft sich zu spannenden Vorträgen, nächtelangen Talks, interessanten Workshops und gemütlichem Austausch am Lagerfeuer», steht im damaligen Veranstaltungshinweis. Siegenthaler sei nun davon ausgegangen, dass der diesjährige Anlass im ähnlichen Rahmen stattfinde, so Moser.

Zwei Personen, die Siegenthaler kennen, bestätigen, dass er mit dieser Szene «wirklich nichts am Hut» habe. «Er tut mir leid», sagt jemand. Er sei in eine schwierige Situation hineingezogen worden. Als ihm klar geworden sei, wen er zu sich auf den Schwand hole, sei er erschrocken. Organisator Bernhard Klimczyk war in den letzten Tagen nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Auch die Gemeinde versucht nun, den Anlass zu verhindern. Bis jetzt sei zwar noch kein Gesuch von den Veranstaltern eingetroffen, sagt Gemeindepräsident Moser, einzig eine Voranfrage bezüglich Waldabstand sei eingegangen. «Wir beurteilen den Anlass aber sehr kritisch.» Er berge grosses Konfliktpotenzial. 

Der Bewilligungsentscheid liege letztlich beim Regierungsstatthalteramt Bern-Mittelland. Moser sagt: «Wir werden beantragen, dass der Anlass nicht bewilligt wird.»