Jenische und Sinti sind zunehmend «alarmiert»

Der Bund. Angesichts der anhaltenden und gehässigen Diskussionen über Plätze fühlen sich Schweizer Jenische und Sinti diskriminiert.

Die Radgenossenschaft der Landstrasse, die Dachorganisation der Schweizer Jenischen und Sinti, fordert, dem «wachsenden Rassismus» in der Schweiz Einhalt zu gebieten. Die jüngsten und namentlich im Kanton Bern heftigen und «teils bösartigen» Streitereien um Halteplätze habe die Gemeinschaft «alarmiert», teilte die Radgenossenschaft gestern mit. Sie stellt unter anderem fest, dass der diffuse Ausdruck «Fahrende» für verschiedene Gruppen benutzt werde, womit man alle Angehörigen aller Minderheiten in einen Topf werfe – und diese gegeneinander ausspiele. «Wir sind keine ‹Fahrenden›», so die Radgenossenschaft, «wir sind Jenische, Sinti, Roma.» Viele seien sesshaft, ein Teil gehe im Wohnwagen einem Erwerb nach: «Und in jeder Ethnie gibt es anständige und unanständige Menschen.»

Die Schaffung von Standund Durchgangsplätzen scheitere regelmässig am Nein der Gemeinden. Und wenn Bauern bereit seien, fahrenden Gewerbetreibenden Land zur Verfügung zu stellen, versuchten Gemeindebehörden, ihnen dies «mit windigen Argumenten zu verbieten». Dabei seien die Schweizer Jenischen und Sinti «eine anerkannte nationale Minderheit», schreibt die Radgenossenschaft. Ihre Kultur und Lebensweise sei «durch die Behörden aller Stufen zu schützen und zu erhalten». Dies verlangten auch die internationalen Vereinbarungen über den Minderheitenschutz.

Einvernehmliche Halte fördern

Zur allgemeinen Entspannung der Situation brauche es dringend Plätze für kleinere Familienverbände aus dem Inland und grössere Konvois aus dem Ausland, also sogenannte Transitplätze. Zudem gelte es, die einvernehmlichen Spontanhalte auf dem Land von Bauern und Privaten zu fördern.

Die Radgenossenschaft hat sich in dieser Sache nun auch an den Bundesrat gewandt. Sie prüft weiter, auch den Europarat über die prekäre Situation in der Schweiz «und den wachsenden Rassismus» zu informieren.

Viel zu reden gab in den letzten Wochen insbesondere der vom Kanton Bern geplante Transitplatz für ausländische Fahrende in Wileroltigen. Ein Protestanlass der Gemeinde musste abgesagt werden, weil rechte und linke Extremisten den Anlass für sich zu vereinnahmen versuchten.