«Der Islam hat hier nichts verloren»

St. Galler Tagblatt. Sommergespräch · Rorschachs Stadtpräsident Thomas Müller tritt erst zurück, wenn Projekte wie der Autobahnanschluss unter Dach und Fach sind. Warum er sich über die Richter und die Medien ärgert und was die Schweizer von den Brasilianern noch lernen könnten.

Er habe mit seinem Amtsantritt als Stadtpräsident eine Trendwende eingeleitet, sagt Thomas Müller (SVP). Was er aus der Hafenstadt noch machen möchte, bevor er die Bühne verlässt, und warum er als Stadtpräsident nicht unbedingt Integrationsfigur sein möchte, verrät er im Gespräch.

Sie werden im Dezember 65 Jahre alt. Treten Sie nun auf 2018 zurück, Thomas Müller?

Thomas Müller: Das kann ich noch nicht sagen. Ich trete zurück, wenn ich die grössten Projekte soweit vorangetrieben habe, dass sie umsetzungsreif sind.

Welche Projekte meinen Sie?

Erstens den Ausbau des Stadtbahnhofs samt Strassenunterführung. Hier folgen noch die öffentliche Auflage und der Abschluss des Landerwerbs. Zweitens den Autobahnanschluss A1, der muss gesichert sein, bevor ich gehe. Drittens die Arealentwicklung im Seefeld mit neuer Wohnzone, die Verlegung und den Neubau des Strandbades und eines Hotels.

Das dauert. Ende Jahr kündigen Sie also noch keinen Rücktritt an?

Nein, sicher noch nicht. Der Zeitpunkt des Rücktritts steht im Zusammenhang mit Projekten der Stadtentwicklung. Die Frage nach meinem Rücktritt stellen mir auch häufig Investoren. Die sagen mir: «Wenn du nicht mehr da bist, dann nehmen wir das Geld nicht in die Hand.»

Dann sind Sie ja unersetzlich?

Nein, überhaupt nicht. Aber es braucht jemanden, der zupacken kann. Es braucht für solche Projekte ein gutes Netzwerk und Verhandlungsstärke.

Also: Wen sehen Sie als Nachfolger? Michael Götte?

Es ist nicht an mir, Gespräche zu führen. Das müssen die politischen Gruppierungen machen, aber auch Arbeitgeber- und Gewerbeverband. Ich freue mich, wenn es eine bürgerliche Kandidatur gibt. Am meisten ärgern würde mich ein Nachfolger, der nur verwaltet. Die Trendwende, die wir seit 2005 in Rorschach eingeleitet haben, ist kein Selbstläufer, da muss man dranbleiben.

Sie wollten Ihrem Nachfolger eine Seestadt mit 30000 Einwohnern zurücklassen. Das haben Sie nicht geschafft.

Die Fusion klappte 2014 nicht. Aber ich bin überzeugt, in den nächsten 10 bis 15 Jahren kommt sie bestimmt. Die junge Generation ist weitsichtiger. Rorschach, Rorschacherberg und Goldach sind zusammengewachsen.

Zehn Jahre bleiben Sie aber nicht mehr?

Nein.

Welches Denkmal möchten Sie der Stadt hinterlassen?

Ich möchte kein Denkmal setzen, sondern eine funktionierende Stadt zurücklassen. Der Autobahnanschluss ist wirklich mehr als eine Strasse. Er birgt ein Riesenpotenzial, auch für die Quartiere, die heute mit Durchgangsverkehr belastet sind. Wird der Verkehr neu geführt, kann etwa die St.Gallerstrasse in Goldach zu einer Allee werden. Es ärgert mich, dass die Gegner die Entwicklung der Seestadt blockieren. Noch mehr nervt mich, dass das «Tagblatt» ihnen eine Plattform bietet.

Auch die Gegner des Autobahnanschlusses sind zu Wort gekommen, genau.

Guter Journalismus muss im Markt doch ankommen. Ihr schreibt seitenweise über Belanglosigkeiten, die keinen interessieren. Zudem werden gewisse Ostschweizer Politiker hochgelebt, deren Einfluss in Bern überschätzt wird.

Sie wünschen sich eine Zeitung, die Ihre Gesinnung vertritt. Dann ist es ja ganz in Ihrem Sinne, dass Blocher die Zehnder-Blätter gekauft hat.

Das wird keine Auswirkungen auf die Redaktionen haben. Die heutigen Medien sind geprägt von linkem Mainstream-Journalismus. Und die Journalisten schreiben sich gegenseitig alles ab.

Welche Zeitungen lesen Sie?

NZZ, «Weltwoche», «Tribune de Genève», «Tagblatt». Und am liebsten die «Eisenbahn-Revue».

Zurück zu Rorschach: Auf dem Areal der Feldmühle entstehen neue Wohn- und Gewerbebauten. Wer soll dort einziehen?

Was in Rorschach fehlt, sind zeitgemässe Familienwohnungen mit fünf Zimmern. Gegen die Hälfte der Haushalte sind aber Einpersonenhaushalte. Der Investor will auch dem Rechnung tragen. Es wird also ein Mix sein.

Mit welchen Argumenten locken Sie Familien an?

Die Freizeitangebote mit See, Wald, Radwegen, Schifffahrt und Sportvereinen sind überdurchschnittlich gut hier. Auch im Neustadtquartier wird der Stadtrat Grundstücke an jene verkaufen, die bereit sind, grosse Familienwohnungen zu erstellen.

Was tun Sie für die Jugendlichen?

Ich habe Freude am Treppenhaus-Betrieb. Die bekommen ja auch erhebliche Beiträge vom Kanton und von der Stadt.

Stört Sie das?

Nein. Aber ich habe Mühe damit, wenn Kulturschaffende Geld von der öffentlichen Hand verlangen, weil ihre Werke auf dem Markt nichts hergeben. Aber das Treppenhaus ist eine gelungene Sache. Junge Rorschacher können sich in der Stadt treffen. Deshalb unterstützen wir auch Sportvereine.

Als Nationalrat sind Sie oft in Bern statt hier.

Ich bin oft im Zug, übernachte selten dort. Bern ist schön, aber nicht so lebendig. Da gibt es andere Städte.

Zum Beispiel?

Wir sind häufig in Brasilien, wo meine Frau herkommt. Wir leben eigentlich auf zwei Kontinenten. Ich bin der einzige Ausländer in der Familie, der nur den Schweizer Pass hat. Alle anderen haben auch den brasilianischen Pass.

Der einzige Ausländer? Lustig…

Wissen Sie, die Brasilianer sind gesunde Rassisten.

Wie meinen Sie das?

Die bringen es auf den Punkt, wenn sie jemanden nicht haben wollen. Die sind nicht so kniefällig gegenüber dem Ausland und fremden Kulturen wie die Schweizer, sondern haben als Land ein gewisses Selbstbewusstsein. Wir hingegen denken, wir müssten uns überall anbiedern.

Als Sie das Nationalratsmandat übernahmen, gab es auch aus der eigenen Partei Stimmen, die Ihren Rücktritt als Stadtpräsident forderten. Würden Sie wieder beide Ämter gleichzeitig ausführen?

Ja. Aber klar, das Doppelmandat ist mit viel Reisezeit, Arbeits- und Präsenzzeit verbunden. Ich hoffe, dass nach mir wieder jemand aus der Region in den Nationalrat gewählt wird.

Was haben Sie für die Region in Bern getan?

Ich habe beim Agglomerationsprogramm des Bundes 20 Millionen geholt, um die Verkehrsinfrastruktur in Rorschach zu verbessern, zudem Beiträge an den Abwasserverband Altenrhein und die Deponie Unterbüel. Über die Verteilung der Beiträge muss man vor Ort reden können statt Briefe schreiben. Und man muss wissen, wie man regionale Anliegen in «Berner Sprache» vorträgt, um gehört zu werden.

Sie wurden schon König von Rorschach genannt. Wer regiert, wenn Sie weg sind?

Mit den heutigen Kommunikationsmitteln ist das kein Problem. Wir sind wie ein KMU aufgestellt.

Sie haben Ihre Mitarbeiter im Griff. Dem «Tagblatt» wurde kürzlich die Auskunft über die Herkunft der Rorschacher Muslime verweigert. Warum ist das ein heikles Thema?

Den Einzelfall kenne ich nicht. Der Ausländeranteil ist gegen 50 Prozent. Der ist aber kein Problem. Hier leben viele Doppelbürger und Leute, die schon seit 50 Jahren hier sind, vor allem Italiener.

Sie finden es also toll, so multikulturell?

Dieser Begriff ist schlecht besetzt, den darf niemand im Rathaus in den Mund nehmen. Ich sage: Wir sind international. Das ist eine Bereicherung. Probleme beim Zusammenleben entstanden aber in den 90er-Jahren mit der Zuwanderung aus dem Osten.

Gerade letzte Woche machten diese Jungs mit ihren getunten Autos wieder Rennen auf der Hauptstrasse. Die sollte man ausweisen, die haben hier nichts verloren

Dafür gibt es ja Gesetze.

Gesetze allein genügen nicht. Schauen Sie mal unsere Kuscheljustiz in der Schweiz an! Ich bin nicht der einzige, der sich über die Islamfreundlichkeit der Richter wundert. Kopftücher in der Schule, Hassprediger, die Sozialhilfe erhalten.

Sie reden ja wie Blocher, verunglimpfen Richter und Journalisten. Ist er Ihr Vorbild?

Nein.

Was tun Sie in Rorschach dafür, dass die Integration von Leuten aus dem Balkan klappt?

Ich respektiere die Religionsfreiheit. Aber der Islam hat in der Schweiz nichts verloren. Punkt. Als ich hörte, dass die St.Galler Regierung ein Religionsgesetz machen und dem Islam rechtlichen Status verleihen möchte, fragte ich mich, ob die den Kompass verloren haben.

In der Schweiz sind Muslime mehrheitlich integriert, arbeiten. Im Vergleich zu anderen europäischen Staaten ist hier aber der rechtliche Status noch nicht geregelt.

Der Islam braucht keinen Status. Wenn zugewanderte Muslime hier leben und sich integrieren wollen, ist das eine Frage ihres Willens und nicht eine Frage des Rechtsstatus einer Religionsgemeinschaft. Der Islam zielt darauf ab, den Koran über alles zu stellen und die westliche Gesellschaft mit unseren Werten abzuschaffen.

Sie reden von Islamisten.

Es gibt auch in Rorschach solche, die sagen, sie seien integriert. Aber es gibt viele, die wollen sich gar nicht anpassen.

Wollten Sie als Stadtpräsident nie Integrationsfigur sein?

Ja, doch. Schon. Ich bin für alle da, aber ich möchte nicht beliebig werden. Wir wären beim FC St.Gallen nie Meister geworden, wenn wir auf alle gehört hätten. Man muss den Gegenwind aushalten, auch wenn Steine geworfen werden.

Sie sagten einst, Sie arbeiteten 80 Stunden pro Woche. Was stellen Sie mit der Zeit an, wenn Sie pensioniert sind?

Ich würde mehr reisen, mehr Zeit in Brasilien verbringen. Das Denken aus der Sicht von zwei Kontinenten war eine Bereicherung.

Wo trifft man Sie in Rorschach?

Am Wochenende gehen meine Frau und ich regelmässig auswärts essen, im «Hafenbuffet», «Mariaberg» oder in der «Kornhausstube». Unter der Woche reicht es höchstens für ein Bier im «Fuchsschwanz».