Harsche Kritik an der Polizei

Der Bund

burgdorf / Nach den Ausschreitungen vom Solätte-Abend erntet die Polizei Kritik. Die BurgdorferPolizeichefin Rosmarie Kieliger weist die Vorwürfe vehement zurück.

cbb. Nach den gewalttätigen Ausschreitungen am Solätte-Abend auf der Gebrüder-Schnell-Terrasse hagelt es in Burgdorf Kritik an der Polizei und an denBehörden. «Verharmlosung», lautet der Vorwurf etlicher Augenzeugen, die grösstenteils aus Angst vor Angriffen nicht mit Namen in der Zeitung stehenmöchten. Während die Polizei von kleinen Gruppen Rechtsextremer und von Einzelpersonen sprach, sei eine Gruppe von rund 20 Skinheads organisiertaufgetreten, wird in zahlreichen Leserbriefen festgehalten.

«Plötzlich konnte man beobachten, wie die Skins eine Art von Ritual begingen und darauf mit Hitlergruss in die Menge liefen und wahllos Jugendlicheangriffen», beschreiben einige junge Festbesucher das Geschehen. «In spukartigen fünf Minuten legten die Skinheads ein abartig gewaltvolles Verhaltenan den Tag: Sie traten, schlugen und benützten mitunter auch Waffen.» Darauf verzogen sie sich fluchtartig. Jugendliche hätten per Handy die Polizei vomAufmarsch der gewaltbereiten Personen informiert, seien aber wohl nicht ernst genommen worden. Zudem seien zu wenig Polizisten im Einsatzgestanden. «Aufgrund unserer Beobachtungen ist es offensichtlich, dass diese Aktion geplant und gut organisiert war», stimmen etlicheLeserbriefschreiber überein. «Es darf nicht sein, dass Jugendliche während des Ausganges in der Oberstadt Angst vor tätlichen Übergriffen habenmüssen, was zurzeit leider der Fall ist.»

Vorwürfe zurückgewiesen
Rosmarie Kieliger, Chefin der Stadtpolizei Burgdorf, weist die Vorwürfe zurück. «Es stimmt nicht, dass die Anrufer nicht ernst genommen wurden»,erklärt sie dem «Bund». Die Alarme seien über die Zentrale in Bern erfolgt. «Trotz jeweils sofortiger Intervention durch die Polizei bei den angeblichenSchauplätzen konnten keine Straftatbestände festgestellt werden.» Kieliger erinnert daran, dass allein die Anwesenheit kein Straftatbestand sei. DieStadtpolizei habe zusammen mit der Kantonspolizei bis in die frühen Morgenstunden im Einsatz gestanden, und zwar im personell möglichen Rahmen: AmAbend mit drei Doppelpatrouillen, die nicht nur für die Oberstadt zuständig waren.

Kieliger vermutet, dass die zum Teil «primitiven» Reaktionen auf die Vorkommnisse organisiert sind. Wilde Gerüchte machten die Runde. «Es werdenschreckliche Dinge erzählt, die sich nicht zugetragen haben.» So sei gar von einem amputierten Arm die Rede. Tatsache sei, dass der Stadtpolizei einzigeine leichte Handverletzung gemeldet worden sei. Kieliger: «Nach den Zwischenfällen auf der Schnell-Terrasse ist bei uns keine einzige Anzeigeeingegangen.»

Vergewaltigung verhindert
Gestern hat die Kantonspolizei Bern wegen eines weiteren Übergriffes in derselben Nacht einen Zeugenaufruf erlassen. Nach der Solätte ist es in Burgdorffast zu einer Vergewaltigung gekommen. Etwa um 1.30 Uhr hatte sich eine junge Frau auf den Nachhauseweg begeben. Sie wurde von der langen Treppean von einem etwa 19 bis 22 Jahre alten Mann verfolgt. An der Lyssachstrasse fiel er sie von hinten an und versuchte, sie sexuell zu nötigen. Als sich dieFrau heftig wehrte und schrie, eilten ihr drei Passantinnen zu Hilfe. Der Täter konnte entkommen. Er ist 1,80 Meter gross, hat kurze, dunkelbraune Haare.Er trug weisse Hosen mit grossen Taschen, einen braunen Nike-Pullover und eine dunkelblau-türkisfarbene Baseball-Mütze mit der Aufschrift «Hornets»und «Charlotte».