«Geringe Attraktivität für Rechtsradikale»

Zentralschweiz am Sonntag: Neonazis · Die 5000 Rechtsradikalen, die sich im Toggenburg zu einem Konzert versammelten, haben die Öffentlichkeit schockiert. Die Eidgenössische Rassismuskommission appellierte an die Behörden, künftig besser aufzupassen. Zug ist gewappnet.

wolfgang.holz@zugerzeitung.ch

Beat Villiger, wie haben Sie neulich auf das Neonazi-Konzert in der Schweiz mit über 5000 Zuschauern persönlich reagiert?

Es irritierte mich, dass die Behörden scheinbar nicht oder zu wenig über Grösse und Art des Anlasses orientiert wurden und waren.

Wäre es auch im Kanton Zug für Neonazis möglich, so etwas zu veranstalten, ohne dass die Behörden eingreifen?

Bei uns müssen gemäss Polizeiorganisationsgesetz Anlässe auf öffentlichem oder privatem Grund gemeldet werden, wenn eine Gefahr für Leib und Leben vorhanden ist oder beträchtliche Schäden entstehen könnten oder wenn umfangreiche verkehrspolizeiliche Massnahmen notwendig sein könnten. Ein Anlass dieser Grösse wie im Toggenburg wäre bei uns meldepflichtig, und es müsste ein Sicherheitsdispositiv vorgelegt werden. Kleinere Anlässe dieser Art könnten aber theoretisch auch bei uns statt­finden.

Wie ist der Kanton Zug darauf vorbereitet, solche Anlässe und Veranstaltungen von Rechtsradikalen abwenden zu können?

Die Polizei und die Gemeinden arbeiten gut zusammen und sind bezüglich Veranstaltungen auch sensibilisiert – was mir hier auch ein gutes Gefühl gibt. Schwieriger wird es nur dann, wenn Private Räumlichkeiten zur Verfügung stellen und solche Veranstaltungen nicht deklarieren beziehungsweise nicht melden. Für den nationalen Nachrichtendienst sind extremistische wie auch kriminelle Organisationen immer ein Thema.

Hatten Sie denn schon Kenntnis von Veranstaltungen Rechtsradikaler und Neo­nazis?

Es gab vor Jahren eine kleinere diesbezügliche Veranstaltung im Gebiet Morgarten. Weiteres ist mir nicht bekannt.

Wie gross schätzen Sie die Attraktivität von Zug für Rechtsradikale ein?

Ich schätze die Attraktivität von Zug für Rechtsradikale eher gering ein, da wir mit den Gemeinden eng zusammenarbeiten und die Besitzer von privaten Einrichtungen, bei denen Konzerte in diesem Umfang durchgeführt werden könnten, periodisch sensibilisieren. Zudem besteht eine klare Anlassmeldepflicht.

Würde es denn in Zug zu einem ähnlich martialischen Grossaufmarsch an Sicherheitskräften gegen Rechts­radikale kommen wie bei den linksextremen WEF-Gegnern?

Es gibt kein allgemeines Rezept. Wir würden das unternehmen, was notwendig ist, um den gesetzlichen Polizeiauftrag zu erfüllen. Sicher aber würde man Straftaten so gut wie möglich zu verhindern versuchen sowie, wenn es solche geben sollte, diese dokumentieren und konsequent verfolgen.

Wann wird aus der Sicht der Zuger Sicherheitsdirektion eigentlich eine private Veranstaltung zu einem Ereignis von öffentlichem Interesse, bei welcher polizeiliche Sicherheitsvorkehrungen zu treffen sind?

Dies hängt von den konkreten Umständen ab. Eine Veranstaltung von extremistischen Gruppierungen würde man sicher genauer abklären.

Luzern warnt die Gemeinden aktiv

Prävention · Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) hat die Behörden diese Woche aufgefordert, die Einhaltung der Rassismusstrafnorm an öffentlichen Anlässen zu kontrollieren oder die Bewilligung für solche nicht zu erteilen. Der Kanton Luzern wurde schon früh aktiv: Er hat die Gemeinden bereits im Juni vor extremistischen Gruppierungen gewarnt, die Säle und Hallen unter falschem Vorwand mieten. Getarnt seien diese oft als Geburtstagspartys oder Liederabende. Das Departement empfiehlt, im Zweifelsfall Abklärungen bei der Polizei zu treffen . Wie sich andere Zentralschweizer Kantone wappnen, erfahren Sie unter www.luzernerzeitung.ch (ber.)