Mehr Rassismus in St. Gallen

Letztes Jahr fanden in der Schweiz mindestens 43 rassistische Übergriffe statt, meldet die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA). Sie publiziert zusammen mit der Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz einen jährlichen Rassismusbericht und führt seit 1992 eine «Chronologie rassistischer Überfälle». Die Zahl der Vorfälle sei zwar nicht gestiegen, auch für 2015 stehen genau 43 Übergriffe in der Chronologie. Trotzdem gebe es Hinweise, dass sich die fremden- und judenfeindliche Diskriminierung häuften: Beinahe täglich erhalte die Geschäftsstelle Hinweise auf Diskriminierungen. Diese werden in der Liste nicht aufgeführt, weil sie hauptsächlich im Internet stattfinden. Die Stiftung zählt aber nur die öffentlichen Vorfälle, von welchen in den Medien berichtet wird.

Auffällig ist, wie oft diese Übergriffe und Vorfälle im Kanton St. Gallen stattfanden – nämlich siebenmal. Das sind zwei mehr als im Jahr zuvor, als fünf der 43 Vorfälle auf St. Galler Gebiet stattfanden, dazu fünf im Thurgau und einer in Appenzell Ausserrhoden.

Ausländer abgewiesen

Die Chronologie 2016 beginnt am 4. Januar, als die Kanti Sargans ein anonymes Schreiben erhielt, das den Holocaust verleugnete. Im April verweigerte ein St. Galler Fitnesscenter einem Mann aufgrund seiner Herkunft die Mitgliedschaft, und im Juni wurde bekannt, dass ein St. Galler Club-Türsteher wiederholt einen Bosnier abgewiesen hatte. Im August räumte die Gemeinde Waldkirch die Wohnwagen von Fahrenden, die einen Mietvertrag mit einem Landwirt abgeschlossen hatten. Ebenfalls im August tauchten fremdenfeindliche Leserbriefe und Online-Kommentare zum Brandanschlag im Zug in Salez auf, bevor klar wurde, dass der Täter ein Schweizer war. Im Oktober fand der bekannteste Vorfall der Schweiz ebenfalls in St. Gallen statt. Rund 5000 Neonazis besuchten in Unterwasser Konzerte mit rechtsextremen Bands. Es war die grösste Neonazi-Veranstaltung, die je in der Schweiz stattgefunden hatte. Nur eine Woche später feierte die Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) in Kaltbrunn die Gründung ihrer fünf neuen Ostschweizer Sektionen. Laut dem Journalisten Fabian Eberhard, einem Kenner der rechtsextremen Szene, leben die meisten Schweizer Neonazis in ländlichen Gebieten und stammen vorwiegend aus den Kantonen St. Gallen, Aargau, Genf, Bern und Zürich. Es ist ausserdem zu befürchten, dass die rassistischen Übergriffe auch 2017 nicht weniger werden: In den ersten zwei Monaten wurden bereits sieben Vorfälle registriert.