Furcht vor Randalen: Hundertschaft von Polizisten bewacht Bern

20 minuten online: Die Sicherheitsvorkehrungen in Bern sind noch immer gross. Bisher blieben die befürchteten Aufmärsche aus. Der Stadtberner Sicherheitsdirektor zieht eine erste positive Bilanz.

Der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause hat sich am frühen Samstagabend zufrieden gezeigt mit dem bisherigen Polizeieinsatz in der Berner Innenstadt. Das Polizeiaufgebot bezeichnete Nause als «verhältnismässig».

Es sei bisher gelungen, die Sicherheit in der Stadt aufrecht zu erhalten und Zusammenstösse zu vermeiden.

Keine Ausschreitungen bis am frühen Abend

In Bern war befürchtet worden, dass sich nach der Absage einer Kundgebung gegen «Kuscheljustiz» rechtsnationale und linksautonome Kreise bei unbewilligten Aktionen in die Haare geraten könnten.

«Aus den Anhaltungen wissen wir, dass Linke und Rechte in der Stadt waren und vielleicht noch da sind», gab Nause zu bedenken. Die Polizei habe fortlaufend Personen angehalten und so die Bildung von grösseren Gruppen verhindert. Manche seien nicht in friedlicher Absicht nach Bern gekommen, wie die bei den Anhaltungen gefundenen Gegenstände nahe legten, führte Nause aus.

Der abgeriegelte Bundesplatz wurde gegen 18 Uhr wieder für die Fussgänger freigegeben – dutzende Polizisten in Vollmontur bewachen aber noch immer das Bundeshaus. Ein Gitter soll es vor Randalen schützen, ausserdem wurden zwei grosse Videoüberwachungsanlagen auf dem Balkon des Bundeshauses postiert. Ein Sicherheitsdispositiv soll zudem die ganze Nacht über in Bern präsent sein.

Die Berner Beamten wurden tagsüber von Kollegen aus anderen Kantonen unterstützt. So standen etwa auch Polizisten aus Zürich oder Basel im Einsatz. Restaurants verteilten Kaffee an die Polizisten, welche seit Stunden auf Wache sind.

Weniger Passanten unterwegs

Viele Polizisten befanden sich auch im SBB-Bahnhof. Verdächtig erscheinende und mit Zügen ankommende Personen wurden kontrolliert, vor allem Jugendliche. Gemäss Telebärn wurden mehrere Hundert Personen angehalten. Wie die Kantonspolizei mitteilt, sollen 56 Personen genauer überprüft worden sein. Die meisten von ihnen hätten linken oder rechten Gruppierungen zugeordnet werden können.

In der Altstadt waren merklich weniger Passanten unterwegs als an anderen Samstagnachmittagen. Zahlreiche Geschäfte hatten angesichts von befürchteten Ausschreitungen private Sicherheitsleute engagiert. Auch der ÖV wurde aus der Innenstadt ferngehalten. So wurden etwa die Linien 6, 7, 8, 9, 10, 12 und 19 zwischen Bern Bahnhof und Zytglogge unterbrochen.

Linke twitterten

Linksnahe Gruppierungen schienen besonders gut organisiert. So wurde etwa über den Twitteraccount Bern Nazifrei regelmässig über die aktuelle Situation informiert.

weiterhin kleingruppen neonazis in der stadt. einzelne davon sind auch am fotografieren – passt auf euch auf— Bern Nazifrei (@bernnazifrei) 29. März 2014

GANZ Fest gegen Rassismus hat begonnen. Nach wie vor einzelne Kontrollen auf dem Weg in die Reitschule.— Bern Nazifrei (@bernnazifrei) 29. März 2014

In der Reitschule fand am Abend das «GANZ Fest gegen Rassismus» statt. Etwa 150 Leute hatten sich bis am frühen Samstagabend auf dem Vorplatz der Reitschule versammelt. Die Versammelten tranken Bier, spielten Tischtennis und hörten anti-faschistische Lieder, berichten unsere Reporter. Mehrere dutzend Polizisten waren rund um die Reitschule positioniert, hielten sich aber am frühen Abend im Hintergrund.

Verein sagte Kundgebung ab

Der Verein «Stopp Kuscheljustiz» hatte am Samstag in Bern mit einer von der Stadtregierung bewilligten «Volksversammlung» eine konsequente Durchsetzung der Gesetze und mehr Rechte für Opfer von Straftaten fordern wollen. Am Mittwoch sagte der Verein die Kundgebung dann aber überraschend ab.

Da nach diesem Rückzug diverse Gruppierungen im Internet zu nicht bewilligten Demonstration aufriefen, hielt die Berner Kantonspolizei an ihrem geplanten Sicherheitsdispositiv fest. Sie ging aufgrund der kontroversen Demo-Aufrufe von einem hohen Konfliktpotenzial aus. (smü/cho/woz/sda)