Dokumentarfilm «White Terror»

NeueLuzernerZeitung

Reise zu den Rechtsradikale

Er zeigt, wie sich die rechtsextreme Szene dank Internet «globalisiert» hat.

Es ist beunruhigend, wie gewandt rechtsextreme Randgruppen auftreten.

Daniel Schweizer hat aus Europa und den USA wenig Erquickliches zu berichten.

VON PETER MOSBERGER

Die Reise beginnt in der Region Interlaken, in einer trügerisch idyllischen Landschaft, wo 2001 ein 19-jähriges Mitglied der rechten Szene wegen «Verrats» von gleichaltrigen Parteigängern auf brutalste Weise hingerichtet worden war. Danach geht es über Schweden, das als Produktionsstandort des weltweit vertriebenen Video-Magazins «Kriegsberichter» bekannt ist, weiter in die USA, in ein Land mit einer Vielfalt von rechtsextremen Vereinigungen und fundamentalistischen religiösen Sekten, zwischen denen die Übergänge oft fliessend scheinen. In Russland schliesslich, dem letzten Etappenziel, deckt der Film Verbindungen zwischen Rechtsextremisten und gewählten Politikern auf.

Eiferer wollen als normal gelten

Daniel Schweizer, der aufgrund seiner früheren Arbeiten über Skinheads ein Beziehungsnetz zum «Milieu» aufbauen konnte und dort trotz seiner kritischen Haltung offenbar ein gewisses Vertrauen geniesst, lässt sowohl Repräsentanten der neonazistischen Gruppen, wie auch Vertreterinnen und Vertreter von Menschenrechtsorganisationen oder staatlichen Instanzen zu Wort kommen. Als

eine Art Trend zeichnet sich ab, dass die intellektuellen Drahtzieher in den einschlägigen Zirkeln ihren rassistischen Eifer gerne als «normalen» Bestandteil der politischen Auseinandersetzung einbringen würden.

Persönlicher Duktus

Die akzentuiert persönliche Recherche des Westschweizer Filmemachers zeigt insgesamt auch auf, wie sich diese Leute der Globalisierung angepasst haben, indem sie bei passender Gelegenheit durchaus manierlich in Anzug und Krawatte auftreten können oder indem sie für die Propagierung ihrer Ideologie sowie für die eigene internationale Vernetzung gezielt das Internet nutzen.

«White Terror» schliesst ­ nach «Skin or Die» (1998) und «Skinhead Attitude» (2003) ­ eine Trilogie ab, mit der Daniel Schweizer die rechtsextreme Szene über mehrere Jahre beobachtet und ihre «Widerstandsaktionen» gegen die angebliche Bedrohung der eigenen Rasse dokumentiert hat. Dass der 1959 geborene Genfer ­ ein fein gliedriger, eher kleiner Mann mit Brille ­ so furchtlos auf Leute zugeht, die eine gewaltbereite, menschenfeindliche Haltung an den Tag legen und nicht selten einen Kopf grösser sind als er selbst, nötigt einem Respekt ab. Für Schweizer versteht sich dieser Mut allerdings von selbst: «Der Platz des Filmemachers ist dort, wo man sich oft nicht mehr hintraut», meint er lakonisch. Fazit: Eine erhellende und spannende Dokumentation.

«White Terror» läuft im Kino Riffraff in Zürich und im stattkino in Luzern. Am Freitag ist Regisseur Daniel Schweizer in Luzern anwesend.