Die satanischen Witze

Der wegen antisemitischer Äusserungen umstrittene französische Komiker Dieudonné hat am Wochenende eine weitere Schlappe vor Gericht kassiert: Das Oberste Verwaltungsgericht des Landes bestätigte am Samstag zum dritten Mal ein Auftrittsverbot für den 47-Jährigen.

Seine Ankündigung, statt des umstrittenen Programms «Le Mur» (Die Mauer) eine neue Show zu zeigen, reichte den Richtern nicht zur Rücknahme des Auftrittsverbots. Der Staatsrat bestätigte eine Entscheidung des Verwaltungsgericht von Orléans, das den Auftritt des Komikers in der Stadt untersagt hatte. Zuvor waren bereits Beschwerden Dieudonnés gegen Auftrittsverbote in Nantes und Tours von dem Gericht abgeschmettert worden. Innenminister Manuel Valls hatte den Behörden empfohlen, die Auftritte Dieudonnés zu verbieten.

Umstrittene Grussgeste

Dieudonné, zu Deutsch der Gottgegebene, ist kein Künstlername: Frankreichs umstrittenster Humorist heisst wirklich so. Und er macht immer wieder Negativschlagzeilen. Zum Beispiel, indem er einen sogenannten Quenelle-Gruss verbreitet. Diese seltsame Geste, bei der die linke Hand auf den nach unten gestreckten rechten Arm gelegt wird, richtet sich gegen das System oder – je nach Anschauung – gegen die Juden. Viele sehen darin einen vorsätzlich unterdrückten Hitlergruss. Das wäre genau nach dem schrägen Geschmack und rabenschwarzen Humor des halbschwarzen Bühnenkünstlers.

Dieudonné ist gewiss kein Nazi. Aber ein Antisemit, das ist er mit Sicherheit. Früher war Dieudonné M’bala M’bala, der Sohn eines kamerunischen Buchhalters und einer bretonischen Soziologin, ganz anders aufgetreten. Bekannt wurde er im Duo mit dem jüdischen Komikerkollegen Elie Semoun. Ihre berühmteste und hintersinnigste Einlage 1995 hiess «Cohen und Bokassa». Da ging es um Palästina und die Pariser Banlieue, es folgten Sprüche über Beschneidungen und Schimpansen, und zum Schluss flogen die Fetzen und die imaginären Fäuste.

Doch Semoun und Dieudonné überwarfen und trennten sich. Dieudonné versuchte es in der Politik: Als Kämpfer für die Sache der Schwarzen kandidierte er in der Front-National-Hochburg Dreux gegen die Rechtsextremen und erzielte einen Achtungserfolg. Doch bei einer Pressekonferenz in Algier geisselte der bullige Komiker einen Jahrestag der Auschwitz-Befreiung als «Pornographie des Gedenkens». Die jüdischen Verbände Frankreichs reichten Klage ein und erwirkten eine Verurteilung.

Bereits 65 000 Euro Bussgeld

Es sollte nicht die letzte sein. Dieudonnés unterschwellige Botschaft: Die Juden sind überall, sie schafften es in die Medien, die Politik, die Eliten und erhielten das historische Gedenken an den Holocaust aufrecht, während die Sklavennachfahren unten blieben, für ihre Hautfarbe diskriminiert würden und nie Anspruch auf eine auch nur annähernd umfassende Verurteilung der Sklaverei hätten. Für seine Sprüche hat Dieudonné Bussen im Umfang von über 65 000 Euro erhalten. Bezahlt hat er nie: Er vermachte sein Geld seiner Freundin und bezeichnet sich als zahlungsunfähig.

Die französischen Fernsehsender haben den Franko-Kameruner aus ihren Programmen gestrichen. So gefällt sich der 47-Jährige in der Rolle des Rassismusopfers, der vom Establishment ausgeschlossen werde. In Wahrheit ist er selbst zum Rassisten geworden. Antisemiten vom Front National und aus der linksextremen Ecke haben sich ihm angeschlossen, Islam-Exegeten wie Tariq Ramadan ergreifen Partei für ihn. Seine jüngste Provokation war die Bildung einer «antizionistischen Wahlliste». Ende 2013 in seinem Pariser Privattheater La Main d’Or, als er vor Publikum den bekannten Radiomann Patrice Cohen mit den Gaskammern assoziierte und «schade» anfügte.

Schweiz

Darf der umstrittene Dieudonné in Nyon auftreten?

Komiker Dieudonné soll vom 3. bis 5. Februar 2014 auch in Nyon auftreten. Das Spektakel ist bereits ausverkauft. Der Kulturbeauftragte der Stadt will die Auftritte des umstrittenen Künstlers nicht verbieten. Dagegen hat die Coordination Intercommunautaire Contre l’Antisemitisme et la Diffamation, eine Vereinigung, die sich interkommunal gegen Antisemitismus und Diffamierung einsetzt, Protest eingelegt. Der «antisemitische Diskurs ist die Basis seines Schaffens geworden», heisst es in einem Mediencommuniqué über Dieudonné, der Künstler habe sich «zu einem Hassprediger gewandelt». (red.)