Die Jugendlichen haben Angst vor den Neonazi-Schlägern

BernerZeitung

Die Jugendlichen in Spiez haben Angst: Sie fürchten sich, von Neonazi-Schlägern willkürlich angegriffen zu werden. Ein Jugendbetreuer und eine Bürgerin haben nun Anzeige erstattet. Die Polizei sucht Zeugen.

In Spiez treiben offenbar mehrere üble Typen ihr Unwesen. Sie treten auf wie Neonazis und tragen Hakenkreuztätowierungen. Sie konsumieren Drogen und handeln damit und üben Gewalt aus. «Unter den Jungen herrscht Angst», hat Jugendbetreuer T. (Name der Redaktion bekannt) festgestellt. «Sie fühlen sich beobachtet und fürchten sich davor, grundlos verprügelt zu werden.» Bei den Schlägern handle es sich um vier Männer im Alter zwischen 20 und 25 Jahren, die offenbar in Erlenbach wohnen.

«Weil es mein Job ist, die Jugendlichen zu schützen, habe ich nun Anzeige gegen unbekannt erstattet», erklärte er gestern gegenüber dieser Zeitung. Unterstützung erhielt er dabei von der Bürgerin Z. (Name der Redaktion bekannt). Sie ist Juristin und betreut als Privatperson eines der Opfer der vier Schläger. «Es sind nur 3 Jahre und 20 Kilometer bis nach Unterseen», schrieben die beiden in ihrer Anzeige und spielen damit auf den Mord an Marcel von Allmen an, der damals von seinen Gesinnungsgenossen erschlagen wurde.

Hitlergrüsse und Messer

«Seit Anfang Juni verkehren diese Typen in der Blues and Rock Bar im Bahnhofareal Spiez», erzählt T. «Unter Gewaltanwendung zwangen sie sowohl einen Schweizer Jugendlichen als auch einen Mann schweizerisch-spanischer Herkunft, den Hitlergruss zu machen und zu sagen ?Hitler ist der Beste?.» Schwarze würden von den Männern, die meistens mit Messern bewaffnet seien, zudem öffentlich und lautstark als «Scheissneger» tituliert.

Die weiteren Vorwürfe, die T. und Z. in ihrer Anzeige erheben:

In der Blues and Rock Bar am Bahnhof versuchen sie den Jugendlichen ein «gelbes Pulver» zu verkaufen, eine nicht näher definierte Droge.

Am Pfingstwochenende schlugen sie in der Spiezer Bahnhofunterführung einen Mann tamilischer Herkunft brutal zusammen.

In der Woche zuvor drohten sie einem Jugendlichen mit Gewaltanwendung. Dieser konnte gerade noch entkommen.

Die Schläger wollten an zwei Jugendliche zwei Kampfhunde verkaufen. Die Jugendlichen wollten sich nicht ernsthaft auf das Geschäft einlassen. Die Neonazis bestanden aber auf der Zahlung von 2000 Franken pro Hund und wendeten Gewalt an.

Die vier Angeschuldigten fahren oft mit dem letzten Zug von Spiez nach Erlenbach. In der Pfingstwoche riefen sie im Zug «Hitler ist der Beste». Darauf reagierte ein rund 40-jähriger Mann mit «Weisst du eigentlich, was du da sagst?» Darauf wurde er angegriffen. Mitreisende standen ihm bei, und es entwickelte sich eine Schlägerei. Der Vorfall wurde der Polizei gemeldet.

Manchmal sind sie auch mit Autos unterwegs, verfolgen die Jugendlichen, fotografieren und filmen sie.

«Sicher keine Hirngespinste»

«Die Jugendlichen fühlen sich bedroht, sie haben Angst vor willkürlicher Gewalt und wissen nicht mehr, wo und zu welcher Zeit sie wohin gehen dürfen, ohne auf die vier Männer zu treffen. Ihre Angst ist so gross, dass sie sich nicht trauen, Anzeige zu erstatten», erzählt T. weiter. «Mir gegenüber sind die vier zwar nie in rechtsextremer Weise aufgetreten. Dazu sind sie zu schlau.» T. betont aber, dass ihm die oben geschilderten Vorfälle von Jugendlichen aus verschiedenen Cliquen zugetragen worden seien – es handle sich also sicher nicht um Hirngespinste. «Die vier Schläger sind sogar den ?richtigen? Rechtsradikalen aus der Gemeinde Spiez ein Dorn im Auge», hat T. bei seiner Arbeit als Jugendbetreuer festgestellt. Marc Imboden

Zeugen und Betroffene werden gebeten, sich mit der Kantonspolizei Spiez in Verbindung zu setzen: 033 655 81 01.