Wütend und empört blicken wir auf die emotionsgeladene und einseitige politische Diskussion nach dem 3. Antifaschistischen Abendspaziergang vom 16.03.02 zurück. Die rund 3000 TeilnehmerInnen des Antifaschistischen Abendspaziergangs, welche gegen rechte Gewalt, Rassismus, Sexismus, für Toleranz und gegen reaktionäre Hetze in den Medien protestierten, wurden bereits nach einer halben Stunde in der Berner Altstadt von der Polizei während knapp zwei Stunden eingekesselt. Die Polizei ging unverhältnismässig, mit gezielter Provokation und roher Gewalt vor.
Ein Mann wurde von einem Wasserwerfer angefahren und wie durch ein Wunder nicht lebensgefährlich verletzt. Auf der Höhe Bollwerk wurden gegen 200 der bereits abziehenden Demonstrierenden erneut eingeschlossen und attackiert, trotz der Zusicherung seitens der Polizei, dass die Demonstration durchkommt, wenn keine weiteren Sachbeschädigungen begangen würden. Bei diesem Einsatz wurde Gummischrot auf Kopfhöhe verschossen. Zwei Frauen wurden mit Gummischrot im Gesicht verletzt. Insgesamt wurden 33 Personen, teils auf brutale Art und Weise festgenommen. Das Vorgehen der Polizei wurde auf Video festgehalten und unter anderem den StadträtInnen an der Sitzung vom 21.03.02 gezeigt. In der Tat handelte es sich um eine gewalttätige Demonstration. Die Gewalt ging jedoch klar von der Polizei aus und nicht von den Demonstrierenden.
Links ist nicht gleich Rechts
In der Stadtratsdebatte vom 21.03.02 wurden vor allem von rechter und bürgerlicher Seite links- und rechtsextremistische Aktivitäten in einem Atemzug genannt. So sprach Kurt Weyermann/FDP von Kriminellen, die die Stadt verunstalten. Zur Erinnerung: am 16.03.02, also am gleichen Abend, wurden zwei junge türkische Männer von mehreren Nazi-Skins zusammengeschlagen und einer davon lebensgefährlich verletzt. Diese Meldung war den Medien eine kleine Fussnote wert. Vor knapp zwei Wochen wurden in Köniz mehrere Männer von Nazi-Skins überfallen. einer der Angegriffenen erlitt einen Schädelbruch. Während einige versprayte Hauswände nach einer Demonstration für seitenweise Artikel herhalten mussten, verschwand auch dieser Übergriff in der allgemeinen Berichterstattung. Diese Unverhältnismässigkeit der Überbewertung von Sachschaden versus Gewalt an Menschen ist in keinem Fall nachvollziehbar und nicht zulässig. Der Sorge um die körperliche Integrität der Menschen wurde aber durchs Band der „massive Sachschaden“ gegenübergestellt, der tatsächlich bloss aus Sprayereien bestand.
Wenn gar von „faschistoiden Antifaschisten“ (vgl. Bund 18.03.02) die Rede ist und der Demoschutz mit „Schlägertrupps einstiger faschistischer Regimes“ verglichen wird, zeigt dies ein politisches Denken, das auf Spaltung einer immer grösser werdenden Bewegung von AntifaschistInnen aus ist.
Sachschaden ist nicht gleich Gewalt
Polizeidirektor Kurt Wasserfallen spricht von einer „Brut aus der Reitschule, die die Stadt terrorisiert“ (vgl. BZ 18.03.02). Er und sein rechtsbürgerliches Umfeld hetzen seit Jahren gegen die Reitschule. Zur Zeit sind aus diesen Kreisen Vorstösse im Stadtparlament hängig, in denen verlangt wird, dass die Stadtregierung „linksextremistische Gruppen“ wie Antifa un Anit-WTO-Koordination aus der Reitschule „hinausschmeissen“ solle, dass gar ein „Benützungsreglement“ für die Reitschule gemacht werde, welches die Nutzung ihrer Infrastruktur durch „Linksextremisten“ verunmöglichen solle. Mit diesen Aktionen hat die Polizeidirektion unter tatkräftiger Mithilfe der Medien vor allem eines erreicht: Dass nicht über die Inhalte der Demo gesprochen werden musste.
Die BetreiberInnen der Reitschule wollen, können und lassen sich nicht spalten in sogenannt „linksextremistische“ und kulturelle BetreiberInnen. Die Antifa mit ihrem Kampf gegen Rassismus, Ausgrenzung und Unterdrückung ist Teil der Reitschule und prägt sowohl der politisches wie auch kulturelles Bewusstsein.
Rechtsextremismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!
IKUR, 21.03.02