Offener Brief des „Bündnis alle gegen Rechts“

Ja, es wurden massiv Antifa- Parolen gesprayt. Allerdings ist dies noch keine Rechtfertigung eine ganze Bewegung zu kriminalisieren und zu verpönen. Wir vom „Bündnis alle gegen Rechts“ wollten einen kraftvollen, lautstarken und selbstdisziplinierten dritten Antifaschistischen Abendspaziergang. Wie selbstdiszipliniert dieser Antifaschistische Abendspaziergang war, zeigte sich, als sich die DemonstrantInnen, auch im Kessel in der Altstadt, nicht von der Polizei provozieren liessen. Wir setzten uns nieder und warteten. Die einzigen GewalttäterInnen die zu diesem Zeitpunkt zu gegen waren, waren die Männer und Frauen in Blau, die ständig versuchten die Situation zur Eskalation zu bringen. 

Dass es aber nicht soweit kam, ist ganz alleine den DemonstrantInnen zu verdanken, die weder auf die Eskalationsversuche der Polizei eingingen, als sie Tränengas und Gummischrot einsetzten, oder einen Mann mit dem Wasserwerfer überfuhren. Noch als der gesamte Demonstrationszug aus dem Polizeikessel ausbrach; es kam zu keinerlei Gewaltanwendungen seitens der DemonstrantInnen. Anders die Polizei, die gegen die wehrlose Masse Gummischrot (aus 2-3 Meter Distanz, der Sicherheitsabstand beträgt 20 Meter/ auch darum tragen wir Helme und Schutzbrillen) und Tränengas (CN- & CS- Gas ist im Kriegsfall verboten) einsetzten. Als wir dann aus dem Kessel ausgebrochen waren, hätte man erwarten können, dass sich die -verständlicherweise- angestaute Wut entladen würde, dies war jedoch nicht der Fall. Die Demonstration blieb friedlich und ruhig und spazierte die Stadt hinauf bis zur Heiliggeistkirche, wo sie sich dann auflöste. Der grosse Teil verlief sich in alle Himmelsrichtungen. Nur noch 150 Personen machten sich auf den Weg in Richtung Reitschule. Um beim Bollwerk erneut, mit Hilfe von Gummischrot und schiesswütigen Polizisten eingekesselte zu werden, und auf äusserst brutale Art und Weise etliche DemonstrantInnen zu verhaften. Niemand liess sich während der ganzen Demonstration provozieren. So ist es sicher nicht angebracht von Krawallen, massiver Gewalt und Strassenschlachten zu sprechen. Es ist doch immer wieder von Neuem erstaunlich, wie schnell die sensationssüchtigen Medien zu diesem Vokabular greifen. Es gab eindeutig keine Gewaltexzesse seitens der DemonstrantInnen. Es war eine starke und erst recht selbstdisziplinierte Demonstration, die sich lediglich gegen die schweren Übergriffe wehrte und dies gewaltlos! In dieser Situation hat auch der viel kritisierte Berner Demoschutz seine Arbeit gut gemacht. Er hat mitgeholfen während den zwei Stunden in denen verhandelt wurde, die Menge zusammenzuhalten und noch viel wichtiger, er hat beim Beruhigen der Masse gute Arbeit geleistet. Denn wer weiss, was geschehen wäre, wenn die DemonstrantInnen, unter denen sich auch viele Jugendliche befanden, in Panik geraten wären. Im Gegensatz zum Konzept der Polizei hat unser Konzept funktioniert. Kurt Wasserfallen hatte es darauf angelegt die Demonstration aufzusprengen, nur war sein Konzept etwas schwierig durchzuführen, da die offensichtlich erwünschte Eskalation der Lage nicht eintraf. Nun kann die Berner Stadtpolizei, unter der Leitung von Kurt Wasserfallen, ihr inakzeptables Verhalten nur noch durch Lügen und schamlose Übertreibungen rechtfertigen. Nun bleibt nur die Frage, warum die Polizei so hart eingriff? Sicher nicht nur wegen den Sprayereien. Es war ein „klug“ durchgeführter Schachzug von Kurt Wasserfallen und seinem Trupp, um die Antifa- Bewegung, im Stil von Europol, zu kriminalisieren und gewalttätig hinzustellen. Sicher auch nicht zuletzt, um die Forderungen nach mehr und besser ausgerüsteter Polizei zu unterstreichen. Doch die Repression wird uns nicht daran hindern weiter zu demonstrieren und zu kämpfen: gegen Faschismus, Sexismus, Staat(-sgewalt) und Kapital für Gerechtigkeit, Basisdemokratie und Selbstbestimmung. Ironie, aber Tatsache ist, dass während diese Demonstration im Gange war, ein junger Türke von Naziskins in Aargau fast umgebracht wurde. Doch das Dulden geht weiter.

Zum Schluss noch ein ganz grosses Dankeschön, an alle die bei der dritten Ausgabe des Antifaschistischen Abendspaziergangs dabei waren und sich nicht provozieren liessen und sich von den PolizistInnen die Laune nicht vermiesen liessen und tolle Stimmung an den Abendspaziergang brachten. 

Wir freuen uns darauf euch nächstes Jahr wieder auf der Strasse an zutreffen, wenn dann schon der 4. Antifaschistische Abendspaziergang statt findet. Also dann, bis zum nächsten Mal – Antifa ist wunderbar

Bern, 18. März 2002, Bündnis alle gegen Rechts