Bis zu drei Jahren Gefängnis

SonntagsZeitung vom 02.10.2011

Pose neben KZ-Krematorium: Deutschland kennt in solchen Fällen keine Gnade

VON HANS STUTZ UND REZA RAFI

BERN Am 23. Oktober bestimmt das Berner Wahlvolk seine Vertreter im Bundesparlament. Auch Jonas Schneeberger will in den Nationalrat: Dafür lächelt der 28-Jährige von der Liste 16 der Schweizer Demokraten.

Jetzt ist ein Foto aufgetaucht, das den Jungpolitiker in abstossender Pose zeigen: In der deutschen KZ-Gedenkstätte Buchenwald erhebt er den rechten Arm zum Hitlergruss – vor einem Bild von Opfern des Nationalsozialismus, in der Nähe des Krematoriums. Die Gedenkstätte Buchenwald hat Kenntnis vom Vorfall. Ein Mitarbeiter übergab das Material vor zwei Wochen der Polizei in Weimar. «Die Behörden haben mir versichert, dass sie die nötigen Schritte einleiten werden», sagt er zur SonntagsZeitung.

Ein Strauss unglaubwürdiger Ausreden

In Deutschland kann ein Verstoss gegen den Paragrafen 86a des Strafgesetzbuches mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden; das «Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen» ist ein Offizialdelikt. Georg Kreis, Chef der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, wertet den Vorfall als «ein Freisetzen zutiefst inhumaner Mentalität mit der vollen Absicht, zu provozieren». Gegenüber der SonntagsZeitung verharmlost Schneeberger die Sache als Jugendsünde: «Ich liess mich damals mitreissen.» Die Bilder seien «2003 oder 2004» entstanden. «Vom braunen Gedankengut habe ich mich längst distanziert. Ich bereue das. Heute bin ich verheiratet und habe einen Sohn.» Schneeberger arbeitet als Kabinenführer im Berner Oberland. Er bewegte sich längere Zeit in der rechtsextremen Szene, nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz. In den Jahren 2006 und 2007 war er in Grenchen an gewalttätigen Angriffen auf Ausländer beteiligt. In einem Beitrag im Blog «Grenchen.net» schrieb er 2007: «In Grenchen gibt es Rechtsextreme – na und? Ich zähle auch dazu.» Schneeberger bestreitet solche Einträge. Linke hätten sein Profil gefälscht, um ihm zu schaden. Andreas Beyeler, Chef der Berner Sektion der Schweizer Demokraten, hat von der SonntagsZeitung erfahren, dass sich sein Schützling so in Pose warf. Er wolle diese Woche mit Schneeberger das Gespräch suchen.

Mitglied in einer deutschen rechtsextremen Gruppe

In seiner Zeit in Deutschland gehörte Schneeberger zur Gruppe «Weisse Wölfe Terrorcrew». Laut dem Hamburger Verfassungsschutz versteht sich die Gruppe als Fangemeinde der deutschen Skinheadband «Weisse Wölfe». Der Bericht der Behörden von 2008 erwähnt mehrere Angriffe von Gruppenmitgliedern. Im Oktober 2009 durchsuchte die Polizei in einer bundesweiten Razzia gegen die «Weisse Wölfe Terrorcrew» ein Dutzend Wohnungen in Hamburg, Niedersachsen, Brandenburg, Berlin und Nordrhein-Westfalen.