Berns Bürgerliche fordern Härte

Der Bund

STADTRAT / Die bürgerlichen Parteien wollen, dass bei Demonstrationen – wie letzten Samstag – Randalierer hart angefasst werden.

kan. Die unbewilligte Demonstration vom vergangenen Wochenende, als rund 2000 Leute auf ihrem «Antifaschistischen Abendspaziergang» Auseinandersetzungen mit der Polizei provoziert hatten, war gestern auch auf der politischen Bühne ein Thema. Die Freisinnigen hatten vorgängig aus aktuellem Anlass eine einstündige Diskussion gefordert. Etliche Ratsmitglieder nahmen diese Aufforderung wahr und versuchten, die Geschehnisse einzuordnen. Angereichert wurde die Debatte mit einem Amateurvideofilm, der hässliche Szenen zwischen Polizei und Manifestanten vorführte. In einem Punkt waren sich die Rednerinnen und Redner einig: Die Gewaltakte wurden von allen verurteilt. Das Vorgehen der Polizei hingegen wurde von linker Seite stark kritisiert, namentlich Polizeidirektor Kurt Wasserfallen musste sich einiges gefallen lassen. Schutz fand dieser aber in bürgerlichen Kreisen, die sich hinter ihn stellten.

Von der «Brut», die mit Besitz anders umgeht

Wasserfallens Blick auf die Tribüne, wo Demonstrationsteilnehmer sitzen. STADTRAT / Kein gewöhnliches Geschäft trieb gestern etliche Ratsmitglieder ans Rednerpult, sondern die Demonstration vom letzten Samstag. Im Mittelpunkt standen dabei die Ausschreitungen sowie der Polizeieinsatz. Die linke Seite – vorab die Grünen – kritisierten den Auftritt der Polizei, die Bürgerlichen hingegen unterstützten die Aktion und verlangen künftig noch härteres Durchgreifen.

? K. NEUENSCHWANDER CAMENZIND

Unzimperliche Polizeimethoden - festgehalten am letzten Samstag auf einem Videofilm vom «Büro gegen finstere Zeiten». Hansueli Gränicher (svp) fühlte sich am vergangenen Samstagabend nicht wohl in seiner Haut, so unwohl, dass er darauf verzichtete, abends mit seinen Freunden in der Stadt essen zu gehen. Er wusste nämlich, was er da antreffen würde: Chaos, Randalierer und Demonstrationsgewühl. Und so war er denn auch froh, dass die Polizei zur Stelle war und schliesslich aufräumte. Denn mit Linksextremen wie auch mit Rechtsextremen sei absolut nicht zu spassen, meinte er im Ratssaal. Sein Dank galt deshalb den Polizeikräften – und allen voran natürlich auch Kurt Wasserfallen, der als Direktor für Öffentliche Sicherheit die ganze Chose zu verantworten hat.

Etwas Farbe schadet nicht

Ganz anders hat Doris Schneider vom Grünen Bündnis den Samstag verbracht: Sie wagte sich sehr wohl auf die Strasse, gesellte sich am Rande zum «Antifaschistischen Abendspaziergang» – und freute sich darüber. «Ich war so beeindruckt von den vielen Jungen, die für ihre Anliegen demonstrieren», sagte sie. Und nicht nur das: Sogar den Spray-Sprüchen auf Sandstein konnte sie Gutes abgewinnen, «schön, dass endlich jemand diesen Satz hinsprayt», habe sie zuweilen gedacht. Und im Schlusswort setzte sie gar noch einen drauf, als sie meinte, dass diese Leute doch einfach ein unkompliziertes Verhältnis zu Besitztum hätten. Das war selbst den Rechtsaussenparteien zu viel; sie mussten sich vor Lachen schier die Bäuche halten. Das Votum kam vorab auf der Tribüne gut an; dort hatte sich nämlich eine ansehnliche Gruppe von Leuten versammelt, die sich unüberhörbar hinter das Gebahren der Demonstranten stellten. Mit entsprechenden Zwischenrufen und Applaus und trotz mehrmaliger Ermahnung von Ratspräsidentin Annemarie Sancar.

Die Fraktion GB/Ja/GPB stemmte sich mitsamt einer Interpellation gegen die Art und Weise, wie die Polizeikräfte die Demonstrationsteilnehmer behandelt hatten. Die Grünen unterstrichen ihre Haltung mit einem Amateurvideo, aufgenommen vom «Büro gegen finstere Zeiten». Unschöne Szenen flimmerten über den Fernseher in der Wandelhalle, doch nicht alle liessen sich von den Prügeleien beeindrucken. So auch Thomas Fuchs von der SVP nicht, er meinte lapidar, dass dies wirklich nichts Besonderes sei. Ein Gesinnungsgenosse fügte an, dass dies ein völlig verfälschtes Bild wiedergebe, er hätte lieber die verängstigten Kinder und die schwangere Frau gesehen, die im Demonstrationszug sozusagen als menschliche «Schutzschilder» mitgeführt worden seien.

Handgreifliche Worte

In einer dringlichen Interpellation schreibt die SVP ungeschminkt, was sie meint: «Die Rädelsführer solcher Kundgebungen unterscheiden sich weder in ihrem Benehmen noch im Auftreten von den von ihnen bekämpften Faschisten.» Schlagende Worte wählte auch Peter Bühler von den Schweizer Demokraten: «Antifa heisst d Stadt zämeschla», reimte er sich seine Sache zusammen. Zusammenhauen möchte auch ARP-Mann Ernst Stauffer, allerdings nicht etwa Personen, sondern die «vermaledeite» Reitschule. «Wir hätten halt die Reitschule abreissen sollen – jetzt haben wir den Dreck», polterte er. So könne es doch weiss Gott in dieser Stadt nicht weitergehen, fügte er an und verlangte, dass Politik und Polizei hart gegen die Randalierer vorgehen. Kurt W. Weyermann (fdp) kanzelte einen Teil der Demonstranten gar als Kriminelle ab, die Landfriedensbruch begingen. Das geltende Recht müsse nun durchgesetzt werden, und die Sprayereien seien sofort wegzuputzen: «Die Hauseigentümer haben nämlich nun wirklich die Nase voll», doppelte er nach.

Frustrierte Polizei?

Ganz und gar kein Verständnis für die harte Hand zeigte hingegen Erik Mozsa (ja), der sich als friedlicher Mitdemonstrant outete. Hautnah hatte er miterlebt, was genau am Samstagabend geschehen war. Keine nennenswerten Ausschreitungen habe er beobachtet, auch wenn dies von manchen Medien suggeriert worden sei. Die physische Gewalt hingegen sei eindeutig von der Polizei ausgegangen. Willkürlich habe sich diese Leute rausgegriffen, auf Wehrlose Gummischrote abgefeuert und so wahrscheinlich den eigenen «Frust» rausgelassen. Und dann blickten alle auf Polizeidirektor Wasserfallen, er nämlich musste einiges einstecken.

Wasserfallen bleibt unbeirrt

Vorab seine Äusserung «die Brut aus der Reitschule terrorisiere einmal mehr die Stadt Bern» im Nachgang der Ereignisse stiess vielen auf. «Unter aller Kritik» sei dies, sagte Peter Künzler (gfl) und Daniele Jenni werweisste, ob dies als «Unzurechnungsfähigkeit» oder als «gewollte Hetzerei» aufgefasst werden könne. «Herr Wasserfallen, heizen Sie die Stimmung nicht so an!», rief auch Raymond Anliker (sp) in den Saal.

Wasserfallen aber geriet darob nicht aus dem Häuschen: Der Polizeieinsatz sei gerechtfertigt, die Polizisten hätten nämlich auch Schlagstöcke und einen Hammer sichergestellt. Und mit Brut meine er halt eben all diese Chaoten und Hooligans, gegen die er vehement vorgehen wolle.