Armee packt Rassisten härter an

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Rechtsextreme dürfen in der Armee keine Karriere machen. Dies umzusetzen, ist aber gar nicht so einfach, wie dies ein Fall aus Luzern zeigt.

Von Raphael Prinz

Der 20-jährige Adrian Spring aus Unterseen muss seine Ausbildung zum Wachtmeister beenden. Seine Entlassung wurde von ganz oben angeordnet: von Armeechef Christophe Keckeis. Der Grund: Spring ist Vorstandsmitglied der rechtsradikalen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos), und derzeit läuft gegen ihn ein Strafverfahren wegen Rassendiskriminierung.

Bei der Armee bestätigt man den Bericht der «Berner Zeitung». Für Sprecher Felix Endrich ist die Massnahme Ausdruck der Haltung «Nulltoleranz gegenüber Extremismus in der Armee». Man habe hart durchgegriffen und damit auch ein wichtiges Signal für kommende Urteile gesendet. «Es ist das erste Mal, dass gegen einen Armeeangehörigen eine solche Massnahme aufgrund eines hängigen Strafverfahrens wegen Rassismus verfügt wird.»

Partei alleine reicht nicht

Endrich stellt dabei klar, dass die Armee nicht reagieren kann, «nur weil eine Person einer Partei wie der Pnos angehört». Die Zugehörigkeit allein reicht nicht. Entscheidend sei im Fall von Spring effektiv das Strafverfahren wegen Widerhandlung gegen die Rassismus-Strafnorm. Spring, gelernter Zimmermann, hatte seine rassistische Überzeugung mehrfach öffentlich gemacht. In einem Artikel der Parteizeitschrift der Pnos verlangte er etwa eine räumliche Trennung der verschiedenen Kulturen innerhalb der europäischen Nationen.

Nicht nur wegen dieses Beispiels wurde von einem zivilen Gericht ein Strafverfahren gegen Spring eröffnet, auf welches die Armee reagierte. Endrich: «Wir können nur durchgreifen, wenn wir informiert sind.» Häufig erfahre die Armee erst davon, wenn eine Person verurteilt sei.

In diesem Fall wurde Spring im September zuerst die Beförderung zum Wachtmeister verweigert. Als dieser Rekurs einlegte, landete der Fall auf dem Pult von Armeechef Keckeis, welcher die unverzügliche Entlassung Springs aus dem Dienst als Gruppenführer anordnete.

Luzerner bleibt Offizier

In der Zentralschweiz warf vor gut einem Jahr der Fall des Luzerner Offiziers Jonas G. hohe Wellen. Dieser war unter den Rechtsextremen, die im Jahr 2004 in Willisau eine bewilligte Kundgebung angriffen. Der Offizier, und mit ihm 17 weitere Rechtsextreme, wurden vom Willisauer Amtsgericht wegen Landfriedensbruchs und Verstössen gegen das Waffengesetz verurteilt. Dennoch durfte er Offizier der Armee bleiben.

Wie sähe dieser Fall heute aus? Für Endrich ist er «anders gelagert» als jener in Bern. «Wir erfuhren erst nach der Verurteilung von seiner Tat.» Damals sei er bereits Offizier gewesen und habe sich als solcher nichts zu Schulden kommen lassen. Im Gegenteil: «Er hatte sehr gute Beurteilungen von seinen Vorgesetzten und lieferte im Militär tadellose Leistungen ab», sagt Endrich. Der Fall Jonas G. werde nicht neu aufgerollt, und er bleibt somit weiterhin Offizier. Klar ist aber, dass «eine weitere Beförderung sicher nicht in Frage kommt», sagt Sprecher Endrich.

Seit 2002 verfügt die Armee über eine Fachstelle Extremismus. Aus gesundheitlichen Gründen war die 50-Prozent-Stelle während eines Jahres nicht sehr aktiv. Seit Anfang Jahr leitet nun neu der 42-jährige Jurist Felix Müller die Stelle. Der Entscheid von Keckeis soll auch seine Stelle stärken: «Wir wollen dem Extremismus in der Armee möglichst keine Chance geben», umschreibt Endrich das Ziel.

Markant mehr Durchdiener

Der Anteil der Durchdiener in Einsätzen der Schweizer Armee ist im vergangenen Jahr um mehr als die Hälfte gestiegen. Er betrug mit 55 797 Diensttagen 11 Prozent der Diensttage (2005: 7 Prozent). Die Durchdiener absolvieren ihren Militärdienst an einem Stück. Sie wurden im letzten Jahr vermehrt vor allem im Botschaftsschutz gebraucht, wie das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) gestern mitteilte. Im Gegenzug wurden dafür deutlich weniger Angehörige von WK-Formationen eingesetzt.

Pro Tag standen durchschnittlich 1255 Angehörige der Armee im Einsatz. Den Rückgang der Diensttage um 8 Prozent erklärt der Bund damit, dass vergangenes Jahr im In- und Ausland keine grösseren Katastrophen eingetreten seien, deren Bewältigung den Beizug der Armee erfordert hätte.

Mehr Präsenz beim WEF

Mit 339 976 Diensttagen wurden fast drei Viertel der Diensttage in subsidiären Sicherungseinsätzen erbracht. Gegenüber dem Vorjahr entspricht dies einer weiteren Zunahme um 5 Prozent. Dies ist auf die erneute Erhöhung der Leistungen zu Gunsten des World Economic Forum (WEF) in Davos zurückzuführen.

Ebenfalls gestiegen ist die Zahl der Diensttage zu Gunsten der Friedensförderung: um 3,3 Prozent auf 101 012.