«Anonyme Briefe zu verschicken bringts nicht»

BernerZeitung

In der letzten Zeit werden Medien mit anonymen Briefen beschickt: So wollten sich Linke Gehör verschaffen.

Sandra Kaufmann

Eine eingeschlagene Scheibe im Burgdorfer Steinhof-Treff und ein Brief an die Medien mit Begründung zu dieser Tat, das gabs im Dezember 2001. Im Januar dieses Jahres erhielten die Redaktionen erneut Post, diesmal ein Dossier mit namentlich aufgelisteten und zum Teil abgebildeten «bekannten Nazis». Im Februar wurde das Burgdorfer Restaurant Landhaus mit dem Schriftzug «Nazi-Beiz» versehen, zeitgleich landete erneut ein Schreiben auf den Redaktionspulten. Eine weitere Mitteilung, die als «Mediencommuniqué» deklariert wurde, ereilte die Medien in diesem Monat. Darin wurde bekannt gegeben, dass man Farbanschläge auf Geschäfte und Institutionen wie die UBS, McDonald?s oder den Armeemotorpark verübt habe (wir berichteten). Die Handschrift der Aktionäre ist links, und alle Schreiben haben eines gemeinsam: Sie sind anonym.Der neueste Streich nun gestern: E-Mails wurden an die Medien gesandt. Darin werden «Naziskins» namentlich erwähnt, die Freitagnacht, während der Burgdorfer Kornhausmesse, «gemeinsam Jagd auf Jugendliche machten» und jemanden verprügelt hätten. Die Kantonspolizei erklärte dazu auf Nachfrage, dass keine Anzeigen eingegangen seien.

«Eine Lebenshaltung»

«Dieser Vorfall zeigt einmal mehr, dass das Rechtsextremismusproblem in Burgdorf keineswegs gelöst ist, trotz Courage und dergleichen Alibi-Übungen.» Mit diesen Worten schliesst die gestrige Mitteilung.«Ich möchte festhalten, dass wir nie den Anspruch hatten, mit Courage Rassismus eliminieren zu können», sagt Gemeinderätin Elisabeth Zäch, welche die Aktion «Courage – Menschen gegen Gewalt», mitunter ins Leben gerufen hat. Man sei auch keine Beratungsstelle. Courage sei eine Lebenshaltung. Ein Bekenntnis zu einer Lebenshaltung, präzisiert Zäch. «Wer unser Bekenntnis unterschreibt, und es sind mittlerweile über 1400 Menschen, sagt damit, dass er die zivile Verantwortung wahrnimmt, sich gegen Rassismus wehrt und seine Bewegungsfreiheit durch niemanden einschränken lässt», hält die Gemeinderätin fest. Sie könne verstehen, dass die Absender der Schreiben Angst vor Übergriffen hätten, dennoch: «Anonyme Briefe in der Weltgeschichte herumzuschicken ändert nichts an der Situation. Das ist kindisch.» Es helfe nichts, ausser «Courage zu zeigen, sich mit Namen hinzustellen und Anzeige zu erstatten». Sonst könne man die Schreibenden eines Tages nicht mehr ernst nehmen.

Was geschieht weiter?

«Wir haben im Frühling beschlossen, mit dem Projekt auf zwei Schienen weiterzufahren», sagt Zäch. Man möchte, dass der Regionalverband Burgdorf der Organisation Gemeinsam gegen Gewalt und Rassismus (gggfon) beitritt. Das gggfon ist eine Informations- und Beratungsstelle der Region Bern zum Thema Gewalt und Rassismus. «Durch den Beitritt hätten wir als Region eine Anlaufstelle für Betroffene und für Rechtsradikale, die aussteigen wollen», sagt Zäch. Die zweite Schiene laufe im kulturellen Bereich. «Im Winter werden wir Filme zum Thema zeigen, eventuell kombiniert mit Diskussionsrunden.» So wolle man die Leute übers Herz beeindrucken, von Menschen, die Zivilcourage bewiesen hätten.