Unabhängige Beratungsstelle empfohlen

Liechtensteiner Vaterland vom 22.02.2013

Im Kampf gegen Rassismus soll Liechtenstein seine Massnahmen weiter verschärfen. Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) hat dazu einige Empfehlungen abgegeben.

 

Vaduz. – Vor allem die fehlende Unabhängigkeit der Stabstelle für Chancengleichheit und deren begrenzte Befugnisse, sich mit Rassismus zu befassen, bereitet der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) Sorge. Dies ist im aktuellen ECRI-Bericht über Liechtenstein, der am 19. Februar veröffentlicht wurde, nachzulesen. Bei ECRI handelt es sich um eine unabhängige Stelle zur Beobachtung der Menschenrechte, die sich auf Fragen bezüglich Rassismus und Intoleranz spezialisiert hat. Gegründet wurde sie vom Europarat und ihre Aufgabe besteht darin, die Situation jedes Mitgliedstaats des Europarats betreffend Rassismus zu analysieren und Lösungsvorschläge aufzuzeigen. Für Liechtenstein wurde bereits zum vierten Mal so eineAnalyse durchgeführt. Eine Delegation von ECRI besuchte vom 13. bis 15. Februar Liechtenstein und machte sich ein Bild vor Ort.

Unabhängige Beratungsstelle

Die fehlende Unabhängigkeit der Stabstelle für Chancengleichheit hat ECRI bereits früher kritisiert. Auch wenn die Stabstelle durch dieVerwaltungsreform aufgelöst wird und die Aufgaben künftig von der neuen Stelle für soziale Angelegenheiten des Amtes für Soziales, Familie und Chancengleichheit wahrgenommen werden sollen, sieht ECRI keine Verbesserung: «Dies würde erheblich die wirksame Bearbeitung von Beschwerden und die Bereitstellung einer Beratung in unabhängiger Weise erschweren», steht im Bericht. Deshalb empfiehlt ECRI den liechtensteinischen Behörden, die Zuständigkeit der neuen Stelle und der Stelle des Ombudsmanns eindeutig festzulegen. Letztere sollte zur nationalen Sonderstelle zur Bekämpfung von Rassismus und rassistisch motivierter Diskriminierung erklärt werden. ECRI betont, dass die Unabhängigkeit dieser Stelle unbedingt notwendig sei. Die Pläne der Regierung, solch eine unabhängige Stelle für eine Ombudsperson einzurichten, hebt ECRI positiv hervor.

Mehr Flexibilität an den Schulen

Weiters empfiehlt ECRI in ihrem Bericht, dringend Bestimmungen des Ausländergesetzes aufzuheben, die besagen, dass eine Daueraufenthaltsgenehmigung zurückgezogen werden kann, wenn der Nichtstaatsangehörige dauerhaft und in einem erheblichen Umfang von Sozialhilfe abhängig ist.

Ausserdem wird kritisiert, dass die Oberschule nach wie vor mehrheitlich von Schülern mit Migrationshintergrund besucht wird. «Der Transfer zwischen den verschiedenen Ebenen der Sekundarschule sollte so flexibel wie möglich sein, um die Chance der Schüler nicht zu beeinträchtigen.Alle Massnahmen, die sich an die Eltern und Schüler mit Migrationshintergrund wenden, sollten verstärkt werden, um die Überrepräsentation dieser Schüler in der Oberschule zu begrenzen », steht im Bericht.

Rasches Handeln der Justiz

Im Bericht findet ECRI aber auch lobende Worte für Liechtenstein. Mehrere rassistisch motivierte Straftaten wurden von den Justizbehörden umgehend verfolgt. Ausserdem schliesst die polizeiliche Grundausbildung Kurse über Menschenrechte und Rassismus ein. Ebenfalls wurden Massnahmen zur Stärkung der Chancengleichheit beim Zugang zu Bildungsangeboten verabschiedet. Auch die Studie über Rechtsextremismus in Liechtenstein, eine Aufklärungskampagne und die Einrichtung einer interdisziplinären Expertengruppe der Kommission gegen Gewalt wird im ECRI-Bericht als Fortschritt bezeichnet.

Überwachung fortführen

Im Zuge ihrerAnalyse stellte ECRI fest, dass eine rechtsextreme Gruppe von 30 bis 40 Personen weiterhin in Liechtenstein aktiv ist. «Studien, die von der Regierung inAuftrag gegeben wurden, zeigen, dass diese Person häufig gut in die Liechtensteiner Gesellschaft integriert und eng mit der rechtsextremen Szene in Deutschland und Österreich verbunden sind», ist im Bericht nachzulesen. Dies sei ein gutes Argument, die Überwachung der rechtsextremen Szene fortzuführen. Deshalb ist ECRI erfreut, dass die Kommission gegen Gewalt ihre Arbeit fortgesetzt hat.

Muslimischer Friedhof notwendig

Weiters stellt ECRI im aktuellen Bericht fest, dass es in Liechtenstein weiterhin an geeigneten Räumlichkeiten für religiöse und kulturelle Aktivitäten sowie Friedhöfen für die muslimische Gemeinschaft mangelt. Den Behörden wird empfohlen, alles Notwendige zu unternehmen, um solche geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.Ausserdem sollen die Projekte für einen muslimischen Friedhof abgeschlossen werden.