Keiner will einen Saal vermietet haben

St. Galler Tagblatt vom 03.09.2011

Die rechtsextreme «Europäische Aktion» hat angeblich im Toggenburg einen Raum für ihre Veranstaltung erhalten. Nicht nur der Wildhauser Gemeindepräsident ist beunruhigt, und bereits wird zu einer Gegendemonstration aufgerufen.

Marco Kamber

Wildhaus. «Herzlich willkommen in der Heimat von Ulrich Zwingli», schreibt die «Europäische Aktion» (EA) in ihrer Einladung zum «Europa-Fest» am 10. September – gemeint ist eine «Grossveranstaltung» mit über hundert Gästen aus halb Europa (Ausgabe vom 26. August, Seite Thema). Weiterhin nicht genannt wird der Ort: «Den Treffpunkt erfahren Sie am Veranstaltungstag über die Vertrauensleute der <Europäischen Aktion>, die Ihnen bekannt sind» heisst es auf der Webseite.

Die Fährte führt nach Wildhaus – an den Geburtsort von Reformator Zwingli. Eine Handvoll Säle für Tagungen dieser Grösse gäbe es da. Die entsprechenden Vermieter haben jedoch keine «verdächtigen» Reservationen in ihrer Agenda vermerkt, wie unsere Recherchen ergaben. Oft tarnen Neonazis ihren Anlass als Geburtstags- oder Hochzeitsfeier.

Anruf von der Polizei

«Bei uns werden die nicht sein, wir wurden nicht angefragt», sagt zum Beispiel Paul Beutler vom Hotel Sonne, das einen Seminarraum für 120 Personen anbieten könnte. «Allerdings hat sich die Kantonspolizei nach einer eventuellen Reservation der EA erkundigt.» Wie letzte Woche bestätigt, ermittelt die St. Galler Polizei demnach aktiv den Austragungsort des Treffens. Das widerspricht indes der Aussage von EA-Infochef Pierre Schlenk, der gegenüber unserer Zeitung versicherte, dass man aus Sicherheitsgründen mit der Polizei in Kontakt stünde. Die Kapo will sich nach wie vor nicht in die Karten schauen lassen: «Wir nehmen die Sache ernst und beobachten die Entwicklung, so dass wir entsprechende Massnahmen ergreifen können», sagt Mediensprecher Hans-Peter Eugster.

Eine unruhige Zeit bereitet die europaweit vernetzte Gruppierung auch dem Wildhauser Gemeindepräsidenten Rolf Züllig. Er habe alle ihm bekannten Gastwirte auf den 10. September angesprochen: «Niemand wird die EA im Haus haben – auch nicht unter einem eventuellen Decknamen, was ja auch üblich ist für solche Organisationen.» Das Gleiche gelte für die öffentlichen Säle, die von der Gemeinde vermietet werden: «Weder die Curling- noch die Tennis- noch die Mehrzweckhalle sind vermietet», sagt Züllig und ist hörbar froh darüber: «Leute mit einer derart nicht salonfähigen Gesinnung tolerieren wir nicht.»

Besorgte Tourismusleute

Auch mit der Anfrage beim Toggenburger Tourismus-Büro, das die Übersicht haben müsste und selber Tagungsräume vermittelt, stösst man mehr auf Besorgnis denn auf Erkenntnis: «Wir dürfen keine Auskunft erteilen, wenden Sie sich an die Polizei», heisst es da kurz angebunden. Gut möglich, dass die EA die «Heimat von Zwingli» auf das ganze Toggenburg bezieht und das Treffen, an dem auch Nazi-Skins zu erwarten sind, ausserhalb von Wildhaus stattfindet. Doch will die regionale Gastronomie gemäss unserer Umfrage nichts von Rechtsextremen wissen – man ist sich des drohenden Imageschadens bewusst. Einzig der Chef eines Berggasthofs in Ebnat-Kappel – der noch nie vom Treffen gehört haben will – wagt eine zustimmende Aussage: «Das ist doch schön, wenn die Rechten sich treffen. Dann kommen die Linken nicht hoch.»

Dem «Bündnis gegen Rassimus, Faschismus und Antisemitismus» ist das «Europa-Fest» schon länger ein Dorn im Auge. Aktivisten haben die Gemeinde Wildhaus darauf aufmerksam gemacht. Zudem rief das Bündnis gestern zur Gegendemonstration am 10. September auf – Treffpunkt um 12 Uhr am Bahnhof Buchs.