Verirrte Skins von Yvorne bis Thüringen

Das Verbot der Waadtländer Regierung hat gewirkt: Die geplante Grossveranstaltung der Hammerskins hat nicht stattgefunden.


Autor: Von Eva Büchi

Am Samstag ging das Katz-und-Maus-Spiel der Schweizer Hammerskins mit der Presse und der Polizei weiter: Am Vorabend hatte die Führung der Schweizerischen Hammerskins auf ihrem Nationalen Infotelefon gemeldet, dass die Grossveranstaltung nicht in Dresden stattfinde. Man werde sich in Yvorne (VD) treffen.

Finte auch für die Eigenen

Bei der Dresdener Meldung habe es sich um eine Finte gehandelt, um die unliebsame Presse wegzulocken, so das Infotelefon. Dies sei geglückt, nun könne man sich in Yvorne zwischen 17 und 18.30 Uhr treffen. Dass es sich bei dieser Meldung erneut um eine Falschmeldung an die Adresse der Medien handelte, lag auf der Hand. In die Irre geleitet wurden auch eigene Gesinnungsfreunde: Rund 50 Skinheads waren nämlich dem Infotelefon gefolgt und warteten am Samstag ab 16 Uhr bei der Yvorner Autobahnraststätte – vergeblich. Die Skins – rund ein Drittel davon waren Frauen – versuchten mit ihren Natels weitere Instruktionen zu erhalten, wo denn nun eigentlich das von der Waadtländer Regierung verbotene Konzert stattfinden solle.

Den Autoschildern nach zu schliessen, waren die Neonazis aus dem deutschen Lörrach, aus Basel-Landschaft, Zürich, Bern und Luzern angereist. Mit gemieteten Kleinbussen fuhren auch Waadtländer Skins vor. Die Rechtsextremen warteten bis 19 Uhr vor der Raststätte, hockten herum und tranken Bier. Hie und da fuhr ein Polizeiauto vorbei. Als die Skins mit Personenwagen um 19 Uhr den Autobahnrastplatz verlassen wollten, hielt die Waadtländer Polizei die Fahrzeughalter zur Kontrolle an. Eine Stunde später waren die Skins jedoch auf dem Heimweg.

Einige gaben nicht so schnell auf: Auf Rastplätzen in der Nähe von Freiburg machten sie erneut halt und telefonierten. Doch das Skinheadkonzert fand definitiv nicht statt.

Auch der Parkplatz in Chalet-à-Gobet, wo sich die Skins zuerst hatten treffen wollen, blieb am Samstagnachmittag bis auf rund 30 Waadtländer Polizisten, Jogger, Spaziergänger und einige Medienleute leer.

Der Falschmeldung des Infotelefons vom vergangenen Donnerstag krochen auch einige Schweizer Skins auf den Leim und reisten laut einer Agenturmeldung vergeblich ins thüringische Pölzig, wo rund 350 Skinheads zusammenkamen. Dort soll es aber nach Meldung der lokalen Polizeidirektion zu keinen Zwischenfällen gekommen sein.

Bupo-Chef lobt die Behörden

Bundespolizeichef Urs von Daeniken lobte gegenüber der Agentur AP die Zusammenarbeit mit den Westschweizer Kantonen: Die Schweiz dürfe nicht Veranstaltungsort für internationale Skinheadkonzerte werden, nur weil diese im Ausland verboten seien. Bei der am Samstag verbotenen Grossveranstaltung wäre es sicher zu Straftaten gekommen, sagte von Daeniken. Nicht nur verstiessen die Texte der Skinheadbands gegen die Rassismusstrafnorm, auch hätten Gewaltausschreitungen befürchtet werden müssen.

Die Bundespolizei war seit August über das Skinheadkonzert informiert. Für das vergangene Wochenende wurden die Grenzbeamten aufgefordert, einreisende Skinheads zurückzuweisen. So wurden denn auch im Grenzraum Basel einige Rechtsextreme an der Anreise zum Waadtländer Konzert gehindert.

Verbot erst nach Druck

In diesem Jahr fanden bereits drei Skinheadkonzerte in der Schweiz statt: In Abergement und Concise (beide VD) sowie in Chézard-St-Martin (NE). Und im Mai dieses Jahres konnten sich rund 300 Skinheads noch unbehelligt im Waadtländer L’Abergement versammeln. Nach dem Neuenburger Konzert mit 800 Besuchern griff erstmals die Regierung durch und verbot weitere Veranstaltungen. Künftig sollten Gemeinden auch die Identität der Personen prüfen, die einen Saal mieten wollen. Die Waadtländer Regierung sah dem Treiben länger als die Neuenburger zu. Erst als von verschiedenen Seiten der Druck wuchs, verbot sie am vergangenen Dienstag das Konzert in der Waadt.

BILD FABRICE COFFRINI

Die Polizei kontrollierte rund vierzig Skinheads auf einer Autobahnraststätte im Waadtland.