Ein Neonazi bastelte Bomben

BernerZeitung

Der 23-jährige Mann vor dem Burgdorfer Kreisgericht wirkte unscheinbar. Doch: Er wurde wegen Rassendiskriminierung und Widerhandlungen gegen das Sprengstoffgesetz schuldig gesprochen.

Sandra Kaufmann

«Zuerst sah es so aus, als ob X ein gemeingefährlicher Neonazi sei, der auf Leute mit anderer Gesinnung schiesst und Bomben bastelt», sagte Fürsprecher André Seydoux aus Bern gestern vor dem Kreisgericht Burgdorf-Fraubrunnen. Dieser Verdacht entsteht beim Lesen des Überweisungsbeschlusses gegen X rasch. Dem 23-Jährigen werden Rassendiskriminierung, Gefährdung des Lebens, Sachbeschädigung, Gefährdung durch Sprengstoffe sowie Widerhandlungen gegen das Waffen- und das Sprengstoffgesetz vorgeworfen.

Nationale Offensive

X war zur Zeit der Vorfälle, welche sich zwischen Juli 1999 bis Mai 2000 ereigneten, Mitglied der Nationalen Offensive, einer rechtsextremistischen Gruppierung. Heute habe er aber weder zu dieser noch zu irgendeiner anderen derartigen Organisation Kontakt, erklärte X dem Gericht. «Ich bin vor über zwei Jahren aus der Organisation ausgestiegen, weil ich die Sache nicht mehr unterstützen konnte.» Dieser Entscheid fiel etwa in jener Zeit, als ihn die Polizei als Waffensammler und Bombenbastler überführt hatte. Vorher aber steckte er «tief in dem Zeug drin», wie sich Staatsanwalt Walter Wyss ausdrückte.

«Rassismus ist Notwehr»

Im Juli 1999 brachte X zusammen mit einem Kollegen über 30 Aufkleber mit ausländerfeindlichen Parolen wie «Hände weg von meiner Heimat» oder «Rassismus ist eine Notwehr des Volkes» am Käsereigebäude in Hindelbank an. Er sei zufällig auf das mit «Türkische Spezialitäten» angeschriebene Geschäft gestossen. Warum er die Kleber angebracht habe, wollte Gerichtspräsident Markus Bärtschi wissen. «Aus Dummheit, kann ich heute sagen.» Und damals? «Mich störte es, dass ein Ausländer ein Geschäft hatte, noch dazu ein so traditionelles. Zudem war ich der Überzeugung, dass dies auch andere Leute stören würde.» Es ist aber nicht beim Bekleben des Gebäudes geblieben. Später flogen Steine durch Schaufenster und Glastüre. Die Käsereigenossenschaft Hindelbank indes, hat den Strafantrag wegen Sachbeschädigung zurückgezogen und sich aussergerichtlich mit X geeinigt.

Schüsse auf «Solterpolter»

Im August 1999 fuhr X nach Bern und schoss mit einer Pump-Action aus seinem Autofenster auf die alternative Wohngemeinschaft «Solterpolter» im Marzili. «Ein Freund hat mich angerufen und gesagt, dass er mit diesen Linken Krach gehabt hätte.» X sagte aus, dass er mit der Absicht hinfuhr, einen Warnschuss über das Haus hinweg abzufeuern. Der Schrotschuss ging aber in der Höhe von 2,6 Metern in die Hauswand. Menschen kamen keine zu Schaden. Er habe darauf geachtet, dass sich niemand in schussweite befand.

Rahmbläser-Sprengkörper

Schliesslich machte sich X noch strafbar mit der Herstellung von Rahmbläser-Sprengkörpern. Zwei davon zündete er in einer Kiesgrube, «um zu sehen, wie sie wirken». Er habe nicht gewusst, dass dies verboten sei. Auch damals gefährdete er niemanden. Er habe sie gemacht, weil er gerne bastle. Das Ganze habe nichts mit seiner damaligen Ideologie zu tun gehabt, behauptete der Ex-Neonazi. Die Polizei beschlagnahmte 23 Sprengkörper. «Ich bin in der Kiesgrube so über die Sprengkraft der Bomben erschrocken, dass ich sofort wieder damit aufhörte, sie herzustellen. Die Bomben habe ich in einer gemieteten Garage gelagert, da ich nicht wusste, wohin damit.» Richter Bärtschi dazu: «Ich verstehe nicht, warum Sie diese nicht wieder auseinandernahmen.»Das Kreisgericht folgte den Anträgen des Staatsanwaltes Walter Wyss und verurteilte X zu zehn Monaten Gefängnis bedingt und 21 866 Franken Verfahrenskosten. «Zum Glück hat die Polizei rechtzeitig eingegriffen. Wer weiss, was sonst mit den Bomben noch alles hätte angerichtet werden können», so Richter Markus Bärtschi.