«ich sehe keine zukunft in der Szene»

AargauerZeitung

Zwei junge Männer, beide mit Jahrgang 1987, stehen am Mittwochnachmittag in Aarau vor Bezirksgericht. Die Anklageschrift gegen P. beinhaltet sieben Anklagepunkte, darunter mehrfacher Angriff, Körperverletzung, Sachbeschädigung und unberechtigter Waffenbesitz. R. muss sich wegen Angriff und Widerhandlung gegen das Eidgenössische Transportgesetz verantworten. Gegen die beiden laufen separat mehrere Verfahren; im Zentrum der Verhandlung aber steht die Schlägerei vom 15. Mai 2007 am SBB-Bahnhof in Aarau, wo sie gemeinsam zuschlugen. P. und R. wohnten zu jener Zeit zusammen und verkehrten seit Jahren in der rechtsextremen Szene. An jenem Abend im Mai des letzten Jahres beschlossen die Angeklagten, bereits mit mehreren Bier intus und «der Absicht, Ausländer zu verkloppen», nach Aarau zu gehen. Am Bahnhof beschimpften sie einen unbekannten Mann dunkler Hautfarbe und schubsten diesen zu Boden. Daraufhin eilte M., ein älterer Herr somalischer Herkunft, dem am Boden Liegenden zu Hilfe. Die beiden Angeklagten schlugen in der Folge mit den Fäusten und Schlagstöcken auf M. ein. Sogar als dieser schon am Boden lag, schlugen die beiden Angeklagten weiter zu. Die Situation eskalierte, als Unbekannte M. zu Hilfe eilten. Das Opfer M., das auch als Zeuge vor Gericht erscheint, erlitt bei der Schlägerei Reissquetschwunden an Wange und Unterarm. Auch der Angeklagte P. erlitt eine Prellung.

P. wird angeklagt, Besitzer der so genannten Teleskopstahlrute zu sein. Er gestand in der zweiten Einvernahme, den ausfahrbaren Schlagstock ? der in der Schweiz verboten ist ? erworben zu haben. Vor Gericht widerruft er diese Aussage aber und erklärt, er habe das Geständnis nur abgegeben, um jemanden zu schützen, der bereits eine Anklage wegen unerlaubten Waffenbesitzes am Hals habe. Bei der Befragung gibt R. später auch zu, in Besitz einer solchen Waffe gewesen zu sein und sie auch eingesetzt zu haben. Die für P. vom Staatsanwalt geforderte Strafe von 16 Monaten bedingt, einer fünfjährigen Probezeit und einer Busse von 2 000 Franken wird von seinem Verteidiger angefochten. Dies in Anbetracht der Entlastung im Falle des Waffenbesitzes, der teilweisen Entlastung in einem weiteren Fall, wo P. tätlich wurde, und vor allem in Anbetracht seines positiven Lebenswandels. Auch R. betont die zunehmende Distanz zur rechten Szene; er sehe keine Zukunft darin. Die Urteilsverkündung findet heute Samstagmorgen statt. Das Gericht musste die Verhandlung am Mittwoch unterbrechen, weil sich R. erst einige Stunden vor dem Prozessbeginn erstmalig bei seinem Verteidiger meldete.