Regierung will keine kantonale Strategie gegen Rechtsextreme

Berner Zeitung

Was Bund und Kanton heute gegen Rechtsextremismus tun, genügt: Die Regierung will keinen kantonalen Strategiebericht zum Thema verfassen. Trotz des Vormarschs der Partei national orientierter Schweizer.Seit einem Jahr sitzt mit Tobias Hirschi ein Mitglied der Partei national orientierter Schweizer (Pnos) im Langenthaler Stadtrat. Und in Günsberg SO verwaltet seit März 2005 das Pnos-Mitglied Dominic Bannholzer in der Gemeindeexekutive das Ressort Öffentliche Sicherheit. Das hat die Berner Kantonspolizei Anfang Woche an ihrer Jahrespressekonferenz dazu festgehalten: «Die Pnos ist in unserem Kanton zur dominierenden Organisation des rechten Lagers aufgestiegen ? ihre Wahlerfolge in Langenthal und Günsberg haben ihr Selbstbewusstsein gestärkt, und nicht zuletzt deswegen liegt das Schwergewicht der Partei hauptsächlich im Oberaargau.» Rund 200 Rechtsextreme zähle die Kapo im Kanton Bern ? wobei sich die Szene in den letzten drei Jahren kaum verändert habe.

Strategie gefordert

200 aktenkundige Rechtsextreme im Kanton Bern ? das sind zu viele für SP-Kantonalpräsidentin Irène Marti Anliker. Sie und weitere 39 Grossratsmitglieder fordern per parlamentarischen Vorstoss von der Regierung, dem rechtsextre-men Vormarsch Einhalt zu gebieten. Dazu müsse die Regierung einen Strategiebericht ausarbeiten und diesen dem Parlament vorlegen: «Denn Organisationen mit rechtsextremem Gedankengut versuchen, sich gesellschaftlich zu etablieren, indem sie Gewaltverzicht in den eigenen Reihen propagieren», sagt Marti. So habe die Pnos sogar den «Einstieg in die institutionelle Politik geschafft».

«Gewalttätig»

Aber: Laut dem «Bericht innere Sicherheit der Schweiz 2004» unterhalte die Pnos «auch Kontakte zu teilweise gewalttätigen in- und ausländischen rechtsextremen Gruppierungen». Deshalb seien im Kanton Bern eine Anti-Rechtsextremismus-Strategie, ein Präventionskonzept, ein Informationskonzept sowie eine kantonale Anlaufstelle nötig.

Doch die bernische Regierung winkt ab: Diese Forderungen habe der Grosse Rat bereits 2001 mehrheitlich abgelehnt. Und sowieso gestalte sich die Bekämpfung des gewalttätigen Extremismus als «Dauerprozess» und bedinge ein «ständiges Engagement». Dieses nehme die Regierung durchaus wahr: «Rechtsextremistische Gewalt und rassistische Umtriebe werden nicht geduldet und konsequent verfolgt», stellt die Regierung fest.

Schütze in U-Haft

Neben der Pnos seien im Kanton Bern hauptsächlich die Nationale Offensive (vor allem im Raum Burgdorf ) und die Helvetische Jugend (wie die Pnos vor allem im Oberaargau) aktiv. In der Region Thun sei ein Skinhead mit ein paar Gefolgsleuten in Erscheinung getreten ? dieser befinde sich aber nach Schussabgaben bei einer Auseinandersetzung mit Linksaktivisten in Untersuchungshaft.

Zwei Pnos-Kandidaten

Die Informationsbeschaffung erfolge dabei in enger Zusammenarbeit mit dem Bund. Auf Grund des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit. Ein kantonaler Strategiebericht würde da keine neuen Erkenntnisse bringen, ist die Regierung überzeugt und empfiehlt dem Grossen Rat den Vorstoss zur Ablehnung. Ob dort künftig auch Pnos-Mitglieder vertreten sein werden, entscheidet sich am 9. April: Die Pnos-Mitglieder Tobias Hirschi und Dominic Lüthard kandidieren im Wahlkreis Oberaargau für den Grossen Rat.