«Bereitet euch auf einen Krieg vor»

Schaffhauser AZ.

Die Corona-Demonstration am vergangenen Samstag ­wurde von Rechtsextremen angeführt. Wer sind sie? Wir haben hingeschaut.

In Schaffhausen gehen die Massnahmengegner zur Zeit nicht nur freitags und montags für lokale «Spaziergänge» auf die Strasse. Auch am Samstag, den 15. Januar, marschierten rund 200 von ihnen unter Glockengeläut der «Guerilla-Trychler» durch die Altstadt. Laut Polizei verlief die Demonstration, zu der schweizweit aufgerufen worden war, friedlich. 

Wie schon bei der letzten Kundgebung am 28. August 2021 wurde diese spontan vor Ort von der Stadt bewilligt, denn im Vorfeld hatte niemand um Bewilligung ersucht. Die Polizei versuchte trotzdem nicht, sie zu verhindern, denn das, so Stadträtin Christine Thommen im Radio Munot, wäre angesichts der anwesenden Kinder und Haustiere unverhältnismässig gewesen. Die Polizei erteilte aber im Zusammenhang mit der Demonstration sieben Wegweisungen, wie Sprecher Patrick Caprez auf Anfrage der AZ mitteilt.

So weit, so wie sonst auch. Etwas war aber anders als bisher. In ihrer Medienmitteilung schreibt die Polizei, dass sich unter den Teilnehmenden vereinzelt Personen mit rechter Gesinnung befanden.

Unser Augenschein und unsere Recherche zeigen: In Schaffhausen waren Teile des harten Kerns der rechten Szene der Schweiz an vorderster Front mit dabei. Der Demozug war stärker als bisher von rechtsextremen Elementen geprägt. 

Bekannte Neonazis

Dazu gehörten einige der Männer in schwarzen Hoodies mit dem Abzeichen «WG». Die «WG», auch «Männer-WG» oder  «Swiss Mens Club of Freedom», formierte sich 2021 und  steht der rechten Szene nahe.

«WG»-Mitglieder liefen an der Spitze der Demonstration und stellten wie in anderen Städten einen «Sicherheitsdienst», um die Demonstrierenden vor der Polizei, Gegendemonstrantinnen und Journalisten zu «schützen», wie sie auf Telegram schreiben. Viele von ihnen trugen schwarze Stoffmasken, mutmasslich nicht, um sich an Corona-Massnahmen zu halten, sondern um unerkannt zu bleiben.

Auch Sandra Pesch-Ebert, die Frau des bekannten und strafrechtlich verurteilten deutschen Neonazi Jarno Ebert, und Koordinatorin der «WG», war ganz vorne mit dabei.

Szenekennerinnen, die selbst vor Ort waren, identifizierten auf Anfrage der AZ auch Mitglieder der «Hammerskins» und «Blood and Honour». Die «Hammerskins» sind eine autoritär organisierte, neonazistische Gruppe, die ursprünglich in den USA gegründet wurde, seit den 1990er-Jahren aber auch in der Schweiz existiert. Hier stehen sie der PNOS nahe, mit der es personelle Überschneidungen gibt.

Die Schweizer Mitglieder von «Blood and Honour», einem internationalen, militanten Musiknetzwerk, das in den 1980er-Jahren in England gegründet wurde, sind ebenfalls mit der PNOS vernetzt. Ihr Name ist dem Motto der Hitlerjugend «Blut und Ehre» entlehnt. In mehreren Ländern, darunter Deutschland, ist das Netzwerk offiziell verboten.

Rechte Propaganda

Die extreme Gesinnung einiger Teilnehmenden war in der Rhetorik auf Transparenten und in Lautsprecherdurchsagen klar erkennbar. Die «Rote Linie», die auf dem Fronttransparent zu lesen war und auch den Demoaufruf zierte, stammt aus dem Propagandasprech der rechtsextremen «Identitären Bewegung», die den gewaltsamen Widerstand gegen demokratische Regeln fordert.

Und an Regeln halten wollten sich die Teilnehmenden mit der Demonstration offenbar nicht, wie Telegram-Chats zeigen: Dass die Demo im Vorfeld «unbewilligt» war, darauf sind die Organisatoren stolz.

In den Lautsprecherdurchsagen war Kriegsrhetorik das Programm: «Bereitet euch auf einen Krieg vor, kein Land wird davon verschont bleiben.» Man solle sich organisieren, Widerstand leisten, sich nicht unterdrücken lassen. «Verbündet euch gegen eines der grössten Verbrechen an der Menschheit», appellierte die Stimme.

Auf weiteren Transparenten wurde deutlich, gegen wen in diesem Krieg gekämpft werden muss: «Gott, befreie unser Vaterland aus den Fängen der Kapital-Elite!», hiess es dort, umsäumt von der Schweizerfahne. Die «Kapital-Elite» ist in der rechten Szene oft eine Chiffre für Juden.

Etwas Gegenwind erlebten die Demonstrantinnen, als Unbekannte aus einem Fenster Wasser und Eier auf den Demonstrationszug warfen. Daneben hinterliess der Marsch jedoch weitere Spuren. Massnahmengegner verteilten hunderte von Aufklebern in der Stadt, auf denen «Kein Sex mit Geimpften», «Zerti-fick-dich» und ähnliches zu lesen ist.